+comunity+ Re: postscriptum:

Gerhard Zehner zehner at arch.ethz.ch
Di Apr 1 13:53:09 CEST 2003


>"sexualität ist macht-diskurs" (g.z.)
>
>echt? nicht nur in der sm-szene?
>ich habe sexualität immer entweder als zeichen von tiefer zuneigung, als
>entladung starker libidinöser gefühle (üblicherweise auch "geilheit"
>genannt), angenehmes mittel zur arterhaltung, spirituelle übung oder einfach
>nur spass empfunden.
>
>vielleicht wäre beim sex etwas unverkrampftheit erlösender..? :-)
>
>
>lg,
>jörg

lieber jörg, liebe sexuell befreite comunity
...ja entschuldige, da hab`ich wohl was schnell getippselt - statt 
"sexualität ist macht-diskurs", möchte ich das thema präzisieren bzw. 
ausweiten:
in sexualität einerseits ist macht-diskurs eingeschrieben, in der 
frage nach "dem geschlecht" andererseits ebenso (& beides hat was 
miteinander zu tun - eh kloar)

ich mach mal schnell küchen&kindergarten-theorie (also hausbacken, 
subjektiv) - (am abend vielleicht genauer):

"sexualität" kann also bezeichnet werden als der begriff für eine 
gewisse triebstruktur, "geschlecht" als polarisierte 
gesellschaftliche zuschreibung, in der sich sexuelle verhältnisse der 
individuen untereinander abbilden lassen: als kategorien "mann" und 
"frau" - wobei hier (beim begriff "geschlecht") im allgemeinen noch 
unterschieden wird zwischen "biologischem geschlecht" (sex) als 
konstruktion des körpers und "sozialem geschlecht" (gender) als 
konstruktionen der gesellschaftlichen 
rollenzuschreibung/klischee/norm/matrix von "mann" & "frau"

zu ersterem/ sexualität & macht-diskurs:
jede triebstruktur ist A PRIORI  macht-diskursiv durchsetzt - 
(triebstrukturen sind zb. auf das ego ausgerichtet, das eigene 
wohlergehen steht bei der triebbefriedigung im vordergrund) - 
deswegen werden triebstrukturen i.a. kontrolliert und 
gesellschaftlichen regeln unterworfen, um die individuen zu 
sozialisieren.

zu zweiterem:
um dir also die verstrickung von geschlechts-konstruktion, 
normierung, unterdrückung aber auch sogenannte "befreiung" von 
sexualität, macht/herrschafts/gewalt-diskurs mal auf die schnelle zu 
verdeutichen, möchte ich mal folgende redeweise vorübergehend 
einführen:

werter jörg vogeltanz - sozusagen vertreter des >starken 
geschlechts<, ich spreche hier zu Ihnen als typ >vom anderen ufe<r, 
unter anderem über das >schwache geschlecht<.

diese zitate liessen sich durch tausende bis millionen von 
quellenangaben belegen bzw sind >dem volk aufs maul geschaut< - will 
sagen: hier sind machtverhältnisse in der redeweisen über geschlecht, 
körper und sexualität tradiert & eingeschrieben..

weitere beispiele gefällig? (lesen Sie michel foucault und judith 
butler, ich sollte es auch tun...)


...der von dir, lieber jörg angesprochene bereich der sexualität - 
die befriedete, begehren-erfüllte/erfüllende, harmonisierte 
sexualität - wohl als sexueller akt verstanden - ist ja nur ein 
kleiner aspekt des ganzen komplexes -
  übrigens schön zu wissen, dass du über eine solche (befriedete 
etc....sexualität) verfügst - hut ab, glück auf und habe die ehre, 
lieber jörg!
vor allem das du an die fortpflanzung denkst: damit "dienst du ja dir 
selbst (ego-reproduktion), deinem volk, dem staat und schliesslich 
auch deinem kinde, dem du leben schenkst!"....ich habe hier nur mal 
wieder redeweisen zitiert  - die zwanghafte biologistische koppelung 
von sexualität und fortpflanzung zur "arterhaltung" wurde und wird 
zum teil heute noch als machtinstrumentarium eingesetzt, um 
kollektive zu konstruieren, die nach aussen mächtig (>arterhaltung<), 
nach innen unterdrückend und verfolgend jede >abweichende< von 
sexualität..

....heute schauts (in den sogennanten westlichen gesellschaften) a 
bisserl anders aus: sexualität ist ökonomisiert, dh. als marktwert 
besetzt ( siehe medien, produktimage im marketing usw.: >sex sells<) 
das hat rückkoppelung auf die >realen< sexuellen beziehungen der 
individuen: die im produkt-image "sex" produzierten körper-bilder 
koppeln repressionierend zurück auf die >realen< individuen zurück

...ich könnte noch aus dem nähkästchen plaudern wie sich so der 
männlich-androzentrische macht-diskurs so in die schwulen 
szenen/kulturen/milieus einschreibt - quasi dort, wo sich männliche 
macht&sexualität potenziert...ein andermal....

liebe grüsse nach grazzz
casper g teutonia zehner










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hscvhjscs




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