[Igstmk-info] Umfassende Lösungen statt politischer Verantwortungslosigkeit | IG Kultur Steiermark

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Mon Nov 21 23:27:50 CET 2022


*Umfassende Lösungen statt politischer Verantwortungslosigkeit
*Statement der IG Kultur Steiermark zu Budgetunsicherheiten und den 
aktuellen Teuerungen

Die hohe Inflation und explodierenden Energiepreise fressen aktuell die 
letzten Reserven der Kulturvereine. Schon die vergangenen Pandemiejahre 
waren eine enorme Herausforderung, bei der Planung für das nächste Jahr 
gibt es nun eine Vielzahl von neuen Unsicherheiten. Im Vergleich zu den 
landes- bzw. stadteigenen Kulturinstitutionen gibt es in der Freien 
Szene keine Spielräume, um diese außerordentliche Situation alleine 
abzufedern. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind hier leider die Norm. Laut 
einer Studie zur Sozialen Lage der Kunstschaffenden in Österreich 
<https://www.bmkoes.gv.at/Service/Publikationen/Kunst-und-Kultur/berichte-studien-kunst.html> 
leben 37 Prozent der Kunstler:innen von einem Gesamteinkommen unter der 
Armutsgefährdungsschwelle.

Gemeinnützige Kulturvereine haben wenige bis keine Rücklagen. Das ist 
auch eine Folge eines überreglementierten Fördersystems – denn der 
Aufbau von Rücklagen ist verboten. Gleichzeitig stehen die Vereine 
unter enormem Druck, Förderverträge zu erfüllen, die im Vergleich zu den 
„großen Playern“ nach wie vor nicht jährlich indexiert bzw. 
inflationsangepasst werden. Dazu haften die Vorstandsmitglieder der 
Vereine mit ihrem persönlichen Vermögen für die finanzielle 
Verpflichtungen und Stabilität. Aus diesem Grund müssen die 
Kulturvereine sorgfältig planen und können kein großes finanzielles 
Risiko auf sich nehmen.

Die Entscheidung der Grazer Stadtregierung, die mehrjährigen 
Förderverträge erst im Dezember zu beschließen, ist ein neuer Tiefpunkt 
politischer Ahnungslosigkeit in Bezug auf die hochgradig ungewisse 
Situation der Grazer Kulturvereine. Ein kompletter Stillstand und der 
Verlust von Arbeitsplätzen stehen im Raum. Veranstaltungen, Festivals, 
Produktionen und Projekte sind zwar fertig geplant, es können aber keine 
Verträge abgeschlossen werden, da in dieser Situation niemand die 
Verantwortung übernehmen kann. Die Kunst- und Kulturinitiativen, die 
schon fast ein Jahr auf die Antworten bezüglich ihrer mehrjährigen 
Förderverträge warten, sind empört und enttäuscht von derartiger 
politischer Verantwortungslosigkeit. Jegliche seriöse Planbarkeit wird 
hiermit verunmöglicht und die Konsequenzen tragen sowohl 
Kulturarbeiter:innen und Künstler:innen, als auch externe Betriebe, 
Zuliefer:innen und Dienstleister:innen.

Auch die Funkstille des Landeshauptmannes Christopher Drexler gegenüber 
der momentanen prekären Lage von Kulturakteur:innen in der Freien Szene 
ist bemerkenswert. Während die Kulturakteur:innen im Rahmen der 
Kulturstrategie 2030 eingeladen sind, ihre Expertise zur Verfügung zu 
stellen, schweigt der Kulturverantwortliche des Landes bezüglich der 
aktuellen Situation. Trotz mehrfacher Aufforderung, entsprechende 
Maßnahmen gegen die Teuerungswelle einzuleiten und für die Stabilität 
im freien Kulturbereich zu sorgen, hat sich der Landeshauptmann dazu bis 
dato nicht geäußert. Es ist noch immer nicht klar, ob es ein 
entsprechendes Kofinanzierungsprogramm zum Investitionsprogramm 
Klimafitte Kulturbetriebe 
<https://igkultur.at/praxis/ausschreibung-klimafitte-kulturbetriebe> 
geben wird. Ebenso wissen wir nicht, ob, und wenn ja, welche 
Antiteuerungsmaßnahmen für die Kulturvereine geplant sind bzw. ob es 
eine Indexanpassung der Förderverträge geben wird. Angekündigt hat die 
Landesregierung die Erhöhung des Kulturbudgets im Jahr 2023 
<https://www.news.steiermark.at/cms/beitrag/12890375/154271268/>, doch 
in welchem Ausmaß sich diese bei der Vergabe der Förderungen für die 
Freie Szene widerspiegeln wird, wissen wir ebenfalls noch immer nicht.

Ignoriert wird auch die Tatsache, dass bereits geförderte 
Kulturakteur:innen ihre geplanten Kulturprogramme nicht im gleichen 
Ausmaß umsetzen können, da die realen Kosten in der aktuellen Situation 
nicht berechenbar sind. Diese unübersehbare Tatsache muss bei der 
Abwicklung von Förderungen berücksichtigt werden. Dazu brauchen wir 
klare Anweisungen und einen kulanten Umgang mit der Förderungsabwicklung 
bei Kunst- und Kulturförderungen.

Die Freie Szene, ihre Probleme sowie ihre Anliegen müssen von Politik 
ernst genommen werden! Kulturarbeit ist kein „Nischenthema“ und sicher 
kein Raum für parteipolitisches Kalkül und Streitigkeiten. Die Freie 
Szene sorgt für eine vielfältige und für alle zugängliche Kultur in 
Stadt und Land. Sie ermöglicht der Bevölkerung aktive Partizipation, 
sorgt für ein lebendiges Kulturgeschehen und befeuert 
demokratiepolitische Prozesse. Dabei sichert sie zahllose Arbeitsplätze 
und ist nachgewiesenermaßen ein wesentlicher Innovations- und 
Standortfaktor.

Wir fürchten, dass das aktuelle politische Desinteresse für die Lage im 
freien Kulturbereich zu einer Kettenreaktion führt und einen dauerhaften 
Schaden an der Freien Szene und weit darüber hinaus hinterlassen wird. 
Es braucht jetzt eine gemeinsame Strategie von allen politischen 
Verantwortlichen, den gemeinnützigen Kulturbereich zu schützen und die 
entsprechenden Maßnahmen rasch zu treffen.

IG Kultur Steiermark

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IG Kultur Steiermark
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