[Igstmk-info] Gemeinderatswahl Graz 2017 - Fragen zur Kultur
IG Kultur Steiermark
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Thu Jan 12 10:15:51 CET 2017
Werte InteressentInnen!
Anlässlich der *Gemeindratswahl in Graz am 5.Februar* verschickte die IG
Kultur Steiermark einen Fragenkatalog mit *Fragen an die
SpitzenkandiatInnen von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne, KPÖ, Piratenpartei
Steiermark und NEOS. *
Bis auf Bgm. Siegfried Nagl (ÖVP) und Mario Eustacchio (FPÖ) haben
bisher alle geantwortet.
Hier eine Zusammenstellung der Antworten.
Auf unserer *website
<http://igkultur.weblog.mur.at/kulturpolitik/gemeinderatswahl-graz-2017/>*
wird auch die Frage beantwortet - inwieweit *Kultur in den
Wahlprogrammen* vorkommt.
Die gute Nachricht - in allen (soweit zugänglich); sie enthalten zumeist
auch sehr konkrete Pläne.
Es werden zum Teil sehr ausführliche Antworten gegeben, weshalb sie hier
nicht veröffentlicht sind. Auch die betreffenden Auszüge aus den
Parteiprogrammen von ÖVP und FPÖ sind auf der website zu finden.
*Frage an:* */Warum machen Sie Politik?/* */Welche Rolle hat Kunst und
Kultur in der Gesellschaft?/* */Was ist für Sie Kultur?/* */Wohin soll
sich Ihrer Meinung nach die Kultur entwickeln?/* */Welche Rolle spielt
für Sie zeitgenössische Kunst?/*
*Elke Kahr / KPÖ* Politisch interessiert war ich schon früh. Als Kind
hätte ich das vielleicht noch nicht so bezeichnet, aber damals ist mir
aufgefallen, dass einige Schulkolleginnen und -kollegen barfuß in die
Schule gekommen sind, weil sich die Familie keine Schuhe leisten konnte.
Armut und Ungleichheit haben mich von klein auf beschäftigt und
bekümmert. Die Idee mich politisch einzubringen, hat sich erst nach und
nach entwickelt. Ich wünsche mir eine Welt, in der alle Menschen die
gleichen Rechte und Möglichkeiten haben und nicht die Geburt bereits
darüber entscheidet, ob man im Leben vorankommt oder nicht. Die
Möglichkeiten, die ich als KPÖ-Stadträtin habe, versuche ich, in diesem
Sinne zu nutzen Kunst und Kultur sind die wesentlichen Säulen unserer
Gesellschaft. Sie helfen uns, die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu
betrachten und uns der Natur und der Vielfalt des menschlichen Handelns
und des gesellschaftlichen Zusammenlebens auf eine eigene Art zu nähern.
Darüber hinaus dienen Kunst und Kultur der Unterhaltung und Erholung von
Menschen. Sie wirken auf unsere Stimmung, regen die Phantasie an und
machen das Leben schön und abwechslungsreich. Damit Kunst und Kultur
gedeihen und sich entwickeln können, braucht es bestimmte
Rahmenbedingungen, frei von wirtschaftlichen Zwängen, Existenzängsten
und Zensur. Dafür zu sorgen, sehe ich als Aufgabe der Politik. Auf der
anderen Seite sollte der Politik aber auch der niederschwellige Zugang
zu Kunst und Kultur ein Anliegen sein, beispielsweise durch
Gratiseintritte in Museen, eine flächendeckende Versorgung mit
öffentlichen Bibliotheken usw. Kunst darf nicht nur einer kleinen Gruppe
von Betuchten zugänglich sein. Kultur macht das Selbstverständnis von
uns Menschen aus und schafft eine Identifikation jedes/jeder Einzelnen.
Hinter kulturellen Schaffen steckt die Freude am Abbilden, am
Experimentieren, am Entdecken, am Erfinden von Neuem. Die Grenzen von
Kulturen sind da, wo der Nutzen einer Sache in den Vordergrund gestellt
wird, Das ist meiner Meinung nach auch die Gefahr, gegen die wir
ankämpfen sollten: Wenn Schulen nur mehr dazu dienen, junge Menschen für
die Wirtschaft auszubilden anstatt sie zu bilden, wenn nur produziert
wird, um Profit zu erzielen, anstatt kreativ etwas zu schaffen, dann
bleibt Kultur im eigentlichen Sinn auf der Strecke. Kultur sollte frei
von Beschränkungen und wirtschaftlichen Zwängen sein. Wenn Politik sich
zu sehr einmischt bzw. Förderungen von einem bestimmten, „gefälligen“
Ergebnis des Kulturschaffens abhängig macht, läuft Kultur Gefahr, ein
einseitiges Weltbild zu schaffen und als Mittel der Ausgrenzung
missbraucht zu werden. Die Grenzen des freien Schaffens sollten allein
dort gezogen werden, wo die Würde von Mitmenschen verletzt wird. Ich
glaube, der Zeitpunkt, wann Kunst geschaffen wurde, macht Kunst nicht zu
etwas Besserem oder zu etwas Schlechterem. Wichtig ist aber, dass
zeitgenössische Kunst überhaupt entstehen und bestehen kann. Dazu sind
Förderungen nötig. Ein zeitgenössischer Künstler bzw. eine
zeitgenössische Künstlerin muss auf jeden Fall seinen/ihren
Lebensunterhalt bestreiten können. Natürlich gilt es auch, all das, was
an Werken und Kunstschätzen bereits besteht, in seiner Qualität für
nachkommende Generationen zu erhalten. Beides sollte der Politik ein
Anliegen sein.
*Tina Wirnsberger / Grüne* Ich trete für eine Gesellschaft ein, die
allen Menschen gerechte Chancen auf ein gutes Leben bietet, gegen
jegliche Form der Diskriminierung auftritt und respektvoll mit Mensch
und Natur umgeht. Dabei war ich in verschiedener Weise
zivilgesellschaftlich und ehrenamtlich aktiv. Um langfristig wirksam
etwas an den Rahmenbedingungen zu ändern, in denen wir leben, war der
Schritt in die Politik der nächste logische Schluss. Kultur spielt eine
wichtige Rolle im Diskurs darüber, wie unser Zusammenleben und das
Miteinander in Graz aussehen, und sie bietet Möglichkeiten der Teilhabe.
Kunst und Kultur ermöglichen die Begegnungen zwischen Menschen, bei
Veranstaltungen und auch im öffentlichen Raum. Sie sind ein Motor der
Gesellschaft, aber auch ein kritischer Gradmesser für deren Entwicklung.
Wenn Politik Kulturschaffende in dieser Funktion ernst nimmt und sie
damit auch verstärkt in politische Gestaltungsprozesse wie Stadtplanung
oder bei sozialen Themen einbezieht, kann das ein großer
gesellschaftlicher Gewinn sein. Kultur ist bzw. Kulturen sind für mich
ein Ausdruck der individuellen und gesellschaftlichen Vielfalt und das
damit einhergehende Recht, selbst gewählte kulturelle Ausdrucksformen
privat und öffentlich zu leben – bis zu dem Grad, wo Grund- und
Freiheitsrechte Einzelner gefährdet werden. Die Aufgabe von
Kulturpolitik in unserer Stadt ist es, die Ausübung und Verbreitung
kultureller Praktiken sowie deren Kritik und Diskussion zu ermöglichen –
jenseits der Vorstellungen Einzelner oder einzelner Gruppen. Ich halte
es für bedenklich, wenn Politik direkten Einfluss auf die Entwicklung
von Kultur nimmt. Kunstfreiheit ist als Grundrecht ein wesentliches
Merkmal einer Demokratie. Wichtig ist mir dabei, dass die Menschenwürde
und andere Grundrechte gewahrt werden. Zeitgenössische Kunst halte ich
für wesentlich in ihren Funktionen als Spiegel gesellschaftlicher
Prozesse und als kritische Form der Auseinandersetzung mit Normen und
Hegemonien, wodurch sie zu einem Motor für gesamtgesellschaftliche
Veränderungsprozesse werden kann.
*Michael Ehmann / SPÖ* Ungerechtigkeiten waren mir immer schon ein Dorn
im Auge. Deshalb habe ich mich anfangs, vor mehr als 10 Jahren, in
meinem Wohnbezirk Gösting als Bezirksrat und Bezirksvorsteher politisch
engagiert. Mir ist es wichtig, nah bei den Menschen zu sein und zu
helfen. Politische Arbeit ist sehr vielfältig. Das taugt mir. Als
Nationalratsabgeordneter durfte ich daran mitwirken, Gesetze zu
verhandeln und zu beschließen oder dem Kriminalfall „Kärntner Hypo“ im
Hypo-Untersuchungsausschuss auf dem Grund zu gehen. Als Stadtrat und
Parteivorsitzender der Grazer Sozialdemokratie ist die Unmittelbarkeit
der Stadt und der Menschen das, was mich antreibt und mir zeigt, wie
wichtig es ist, sich politisch einzubringen. Ich habe ein ausgeprägtes
Verantwortungsbewusstsein, gepaart mit meinem sozialdemokratischen
Gerechtigkeitssinn und meinem persönlichen Anspruch, Graz besser und
lebenswerter für alle Menschen zu machen, ist das auch mein täglicher
Ansporn, Politik zu machen. Ich denke Kunst sollte unserer Gesellschaft
den Spiegel vorhalten. Es geht nicht darum, dass Kunst und Kultur
angenehm und schön sein sollen, zumal das im Auge des Betrachtenden
liegt, sondern darum, dass überhaupt die Möglichkeit geschaffen wird,
dass über künstlerischen Ausdrucksformen Dinge kritisch hinterfragt
werden (dürfen!). Kunst und Kultur will natürlich auch erfahren werden
und muss für alle Bevölkerungsgruppen leistbar sein! Daher ist der
„Steirische Kulturpass - Hunger auf Kunst und Kultur“ ein großartiges
Instrument, um Kunst und Kultur für jede und jeden, egal wie dick die
Geldtasche ist, zugänglich zu machen. Kultur spiegelt für mich vor
allem wider, wie wir im Alltag miteinander leben und umgehen. Kultur
darf kein Luxusgut sein, sondern muss als Lebensmittel begriffen werden.
Viele Kulturschaffende arbeiten und leben in prekären Verhältnissen,
deshalb ist mir wichtig, dass die finanzielle Unterstützung für
Kulturschaffende gesichert ist. Mir persönlich gibt Kultur die
Möglichkeit, meinen Horizont zu erweitern, so manche Blickwinkel zu
verändern und vor allem Neues und Spannendes (oft auch Verstörendes)
kennenzulernen. Mit dem Beiratssystem ist schon ein Riesenschritt in
Richtung einer transparenten Förderpolitik gemacht worden. Graz hat eine
rege freie Szene, gleichzeitig haben wir auch großartige Häuser der
"Hochkultur". Ich denke, die "Kulturhauptstadt" Graz würde einen großen
Fehler machen, wenn wir unsere kulturschaffenden Töchter und Söhne nicht
entsprechend fördern. Deshalb kommt für mich ein Ausspielen Kultur vs.
Soziales nicht in Frage! Zeitgenössische Kunst ist wichtig, gerade weil
sie den Finger in so manche Wunden legt. Auch wenn sie nicht gefällig
ist – oder auch nicht gefällt – so ist zeitgenössische Kunst doch ein
gutes Mittel um auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen aufmerksam zu
machen. Oft ist es auch starker Tobak - aber man/frau sollte sich
einfach darauf einlassen.
*Philip Pacanda / Piraten* Ich bin in die Politik gegangen, weil ich
verändern will. Viele Entscheidungen brauchen viel zu lange und die
Prozesse sind viel zu intransparent. Ein weiterer wichtiger Punkt ist
für mich Beteiligung. Ich bin überzeugt, dass die Grazerinnen und Grazer
am besten wissen was gut für sie ist. Es braucht mehr Möglichkeiten,
sich an politischen Prozessen zu beteiligen und das möchte ich uns allen
ermöglichen. Kunst und Kultur machen die Identität einer Gesellschaft
aus. Seit jeher drückt die Kunst den jeweils gültigen Kulturbegriff aus,
der der Mode unterworfen ist und sowohl durch innere, als auch äußere
Einflüsse stetig im Wandel ist. Die Kunst ist auch ein Spiegel unserer
Gesellschaft und kann denen, die bereit sind sich dafür zu öffnen neue
Denkansätze zeigen. Leider sind sich sehr viele Menschen nicht bewusst,
welchen Wert Kunst und Kultur für uns alle haben, und so wird diese
Rolle zumeist unterbewertet und von vielen als unnotwendig empfunden.
Dabei wird meist übersehen, dass Kunst, als Ausdrucksmittel der Kultur,
schon immer eine wichtige Rolle bei der Formung der Werte unserer
Gesellschaft durch das Wechselspiel von Kritik und Reflexion gespielt
hat, indem sie oft gesellschaftliche Normen hinterfragt, dadurch neue
Wege aufgezeigt und Innovationen angeregt hat. Die Art, wie wir leben,
welche Werte wir vertreten, was wir essen, wie wir uns kleiden, welche
Musik und welche Literatur - um nur einiges zu nennen - uns anspricht
und in unserer Gesellschaft entsteht, all das ist Kultur. Somit gehört
sie für mich zu den wichtigsten Grundbedürfnissen. Die Frage ist meiner
Meinung nach falsch gestellt - sie impliziert, dass man die Kultur
lenken soll. Man sollte vielmehr der Kunst, die ja ein wesentliches
Ausdrucksmerkmal der jeweiligen Kultur ist, entsprechenden Freiraum
geben, damit sie sich selbst - und damit auch unsere Kultur -
weiterentwickeln kann. Die Kultur war immer in Bewegung und wird es
immer bleiben. Einschränkung und Lenkung von Kunst und Kultur wurde und
wird in vielen Diktaturen betrieben, davon sind wir glücklicherweise
noch weit entfernt. Zeitgenössische Kunst ist einerseits ein Spiegel
der jeweiligen Kultur, andererseits aber auch ein visionäres Vorandenken
der Künstler. Was gestern noch zeitgenössisch war, ist heute große
Klassik. Oft finden sich unter zeitgenössischen Künstlern und
Künstlerinnen Genies, deren Wert man erst im Nachhinein erkennt, deshalb
soll man allen Strömungen entsprechende Wertschätzung entgegenbringen.
Nur weil wir etwas jetzt noch nicht verstehen, heißt das nicht, dass die
Künstler nicht ihrer Zeit weit voraus sind.
*Niko Swatek - NEOS* In Graz leben mehr als 100.000 Menschen unter 30
Jahren - aber im Rathaus werden die Interessen dieser Grazerinnen und
Grazer überhaupt nicht vertreten. Aber Jammern reicht nicht, da muss man
auch was tun. Deshalb habe ich mich entschieden, bei den
Gemeinderatswahlen anzutreten, weil ich in Graz etwas bewegen will. Ich
will das Graz von der Verbotshauptstadt zu einer jungen, offenen Stadt
wird, in der es Raum für neue Ideen und eine junge, kreative Szene
gibt. Kunst und Kultur sind in Zeiten vom immer rauer werdenden
gesellschaftlichen Klima wichtiger denn je. Die Kunst traut sich auch
die unangenehmen Themen anzusprechen und aufzuzeigen.
Gesellschaftskritik und Bildung sind wichtige Aufgaben, die die Kultur
als Vermittlerin erfüllen kann. Sie trägt aber auch wesentlich zu
unserem gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Umso wichtiger ist es, dass
auch vermehrt Maßnahmen gesetzt werden um neues und junges Publikum
anzusprechen. Kultur macht eine Stadt wie Graz erst zu dem was es ist –
ein lebendiger und kreativer Lebensraum. Das gemeinsame Leben und
Erleben spielen darin eine große Rolle, da die Kultur natürlich immer
mit Kommunikation und Teilhabe verbunden ist. Kunst als Teil der Kultur
verbinde ich mit Innovation und Mut, Neues zu wagen. Sie unterhält mich,
lässt mich gleichzeitig über Dinge nachdenken und zeigt mir neue
Sichtweisen auf. Kunst und Kultur muss aus meiner Sicht vermehrt raus
unter die Bevölkerung. Der Großteil der Kulturinitiativen konzentriert
sich traditionellerweise im Stadtzentrum. Künstler_innen und
Kulturschaffende brauchen Raum für ihre kreativen Ideen und dieser soll
ihnen gegeben werden. Die Bespielung von öffentlichen Räumen und Orten,
auch außerhalb des Stadtkerns, ist besonders wichtig. Ein vermehrtes
Angebot seitens der Stadt für Zwischennutzungen durch die kreative Szene
wäre ein wichtiger Schritt das Kulturangebot hin zu Bevölkerung zu
öffnen. In einer Kulturstadt wie Graz spielt die zeitgenössische Kunst
eine große Rolle. Es gibt ein großes Potenzial an jungen aufstrebenden
Künstler_innen, deshalb sollte hier auch gezielt in Nachwuchsförderung
investiert werden. Immer wieder kommt es vor, dass gute Künstler_innen
abwandern, weil die Bedingungen nicht optimal sind. Strategien und
Konzepte, die die Rahmenbedingungen für zeitgenössische Künstler_innen
und Kulturschaffende auch langfristig verbessern, werden gebraucht.
Maßnahmen zur Vernetzung sowohl der regionalen als auch der
überregionalen Kunstszene sowie die Förderung von Ateliers wären
beispielsweise wünschenswert.
Mit besten Grüßen aus dem IG Büro
Angelika Lingitz
--
IG Kultur Steiermark
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Büro: Mo-Do 10-14 Uhr
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