**H-I-T** Einladung INTERFERENZEN
rhizom
rhizom at mur.at
Di Okt 27 10:07:38 CET 2015
INTERFERENZEN
verstehen sich als zeitlich und örtlich unbegrenztes Projekt in
einzelnen Episoden. Gearbeitet wird „mit dem Gedächtnis“, dem von
Menschen, dem von Orten und Gegenständen. Ziele sind
Bewusstseinserweiterung, Sprachfindung und Erlangung von
Handlungsfähigkeit durch das Verbinden von bisher in dieser Form oder
diesem Ausdruck nicht wahrgenommenem. Identitätsstiftung. In diesen
Prozess wird das Gedächtnis der Orte und Gegenstände – ihr Vermögen,
die Gegenwart der Vergangenheit zu bezeugen mit einbezogen und durch
die Überlagerung mit der Gegenwart der Gegenwart verändert.
Eröffnung Text und Fotoinstallation, Lesung, Improvisationen
Freitag, 6. November 2015, 19 Uhr
Lesung: Petra Kohlenprath, Petra Pfalzer
Auskünfte aus dem Gedächtnis einer slowenisch-deutsch schweigenden
Familie, Petra Kohlenprath
Improvisationen am Flügelhorn: Fredl Lang
Samstag, 7. November 2015
Audioinstallation
Auskünfte aus dem Gedächtnis einer slowenische-deutsch schweigenden
Familie
16 bis 19 Uhr
17 Uhr: Impulsreferat
Erinnerungskultur in Österreich am Beispiel KZ Loibl Nord, Dr. Peter
Gstettner
Sonntag, 8. November 2015
Audioinstallation
Auskünfte aus dem Gedächtnis einer slowenische-deutsch schweigenden
Familie
Text- und Fotoinstallation
Die Slowenische Volksgruppe in Kärnten, KZ Nebenstellen Mauthausen
Loibl Nord
16 bis 19 Uhr
RHIZOM
Palais Attems, Sackstraße 17, 8010 Graz
T 0699 19 265 365
Mit Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Graz, der Kulturabteilung
des Landes Steiermark und des Bundeskanzleramtes – Sektion 2 Kunst
INTERFERENZEN, 6. – 8. November 2015
Auskünfte aus dem Gedächtnis einer slowenisch-deutsch schweigenden
Familie
Petra Kohlenprath beschreibt in ihren autobiografischen Erzählungen
anhand von Gegenständen und scheinbar unbedeutenden Ereignissen ihre
Sozialisierung und das Heranwachsen zwischen den Polen der familiären
Identitätssuche und dem von Mythen und Legenden geprägten
Geschichtsverständnis der Kärntner Bevölkerung in den 70iger und
80iger Jahren. Ihr Großvater hatte sich 1944 den Partisanen
angeschlossen, wurde verhaftet und wartete dreieinhalb Monate im
Straflandesgericht Graz auf seine Hinrichtung. Er entkam der
Vollstreckung des Todesurteils.
Das Flügelhorn
Seit sie denken kann liegt das Flügelhorn am Wohnzimmerschrank ihrer
Eltern in Ferlach. Man hat es ein, zweimal im Jahr aus dem
Stoffsackerl genommen und die Kinder durften versuchen es zum Klingen
zu bringen. Woher es stamme? Ihr Vater erzählt: Vom Rückzug. Nach
Kriegsende, bevor man die Grenze zu Jugoslawien endgültig schloss
seien zehntausende Menschen aus dem Süden kommend, über den Loiblpass
Richtung Norden gezogen – das Tal wäre voll gewesen, mit Menschen die
ihr ganzes Hab und Gut bei sich trugen, Holzkarren - im Stau. „Alles“
sei liegengeblieben. Geschirr, Möbelstücke. So auch dieses Flügelhorn.
2015: Seit mehr als 20 Jahren hatte sie das Instrument nicht mehr in
der Hand. Es kommt ihr während der Arbeit zum aktuellen Text in den
Sinn, ja es war noch immer am Wohnzimmerschrank. Am Instrument liest
sie zum ersten Mal bewusst die Gravur: Musikhaus Horn, Apatin. https://de.wikipedia.org/wiki/Apatin
: Stadt in der Vojvodina, Serbien. Apatin hatte im Jahre 1820
bereits 5.389 Einwohner, darunter 5.316 Deutsche. 1881 zählte man
11.973 Einwohner (…). Bis 1944 war Apatin mit rund 14.000 Bewohnern
die größte deutsche Gemeinde in Jugoslawien.
Petra Kohlenprath, auf die Frage wo denn ihre Wurzeln seien:
Sie stamme aus einer österreichischen Familie. Ihr Vater ist 1939 in
einer slowenisch sprechenden Familie in Loibltal/Brodi geboren und
heiratete 1966 ihre aus dem damaligen Jugoslawien, heute Slowenien,
stammende Mutter. Sie hat keine Erinnerung dran, ob denn die Eltern
„mehr slowenisch“ oder „mehr deutsch“ mit ihr gesprochen hätten. Es
waren im Alltag, ob zu Hause oder in der Öffentlichkeit, immer beide
Sprachen präsent. Kulturelle Tätigkeiten (Chor, Musikschule, Theater)
und Kirche waren aber immer slowenisch besetzt, wie auch die
Wochenendausflüge nicht in österreichische Gegenden stattfanden,
sondern ins damalige Jugoslawien führten. Warum sie denn nicht ins
slowenische Gymnasium ginge, dafür musste sie sich regelmäßig vor
Schulkollegen und sie fragende Erwachsene, rechtfertigen – auch vor
Angehörigen der slowenischen Minderheit. Sie ist mit dem Anderssein
(sowohl auf der „Mehrheits-„ als auch auf der „Minderheitenseite“)
aufgewachsen. Dass ihr Vater von Ereignissen weiß, über die sonst
niemand spricht und Erlebtem erzählt, dass nicht in Geschichtsbüchern
steht, war ihr sehr früh klar. Heute – seit fast 25 Jahren fast
durchgehend in Graz lebend – sagt sie, sie stamme aus einer deutsch-
slowenisch schweigenden Familie.
(http://blog.schauspielhaus-graz.com/fragebogen-an-die-spielerinnen-aus-immer-noch-sturm-teil-1/
)
Peter Gstettner, Erinnerungskultur in Kärnten
Im Zentrum Stand, unverrückbar und scheinbar alternativlos, eine
deutschnationale Geschichtsbetrachtung, die mehr oder weniger die
Fortschreibung der Kärntner NS Geschichte war. Um dies zu kaschieren,
wurden ausgewählte historische Ereignisse auf den für ideologiefrei
erklärten Begriff der „Heimattreue“ abgestützt und in Form von
Denkmälern, Landesfeiern, Festaufmärschen usw. einprägsam inszeniert.
Auf diese Weise sollten jene Ereignisse im kollektiven Bewusstsein
verankert werden, die ins herrschende Paradigma passten. ( Dr. Peter
Gstettner, Loibl Saga, S. 95, kitab Verlag, 2015)
Die willkürliche Auslegung und Leugnung von geschichtlichen Tatsachen
seitens offizieller Seiten, das Herauszögern/Unterlassen der Umsetzung
von im Staatsvertrag niedergeschriebenem, das Verschweigen von
Gräueltaten an der slowenischen Bevölkerung, oder aber auch, wie im
Fall des Loibltales, das nicht zur Sprache bringen des KZ Außenlagers
Mauthausen Loibl Nord bis Mitte der 90iger Jahre, lassen die Kluft
innerhalb die Nachkriegsbevölkerung offen. Dafür jede Menge Schweigen,
Unsicherheit einerseits und andererseits laute Stimmen, deren Inhalt
Rattenfängerlieder sind.
RHIZOM
Palais Attems, Sackstaße 17
A-8010 Graz
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