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Di Okt 2 20:26:42 CEST 2018
Bewusstsein ist ein kollektives Problem
Teil 2 - *Über die Wiedereinführung der Beobachtung*
/
Consciousness is a collective problem
Part 2 – *On the reintroduction of watching*
curated by Robert Gruber
works by *
*
*Martin Vesely*
Opening: 05.10.2018 / 18:00
06.10. - 16.11.2018
Tuesday 11:00 - 13:00
by appointment +43 650 5559666
gottrekorder e.v.
Rechbauerstrasse 19 A
A - 8010 Graz
www.gottrekorder.com*
*
Bewusstsein ist ein kollektives Problem
Teil 2 - *Über die Wiedereinführung der Beobachtung*
Der Grundsatz.
A
Beobachtung schafft Grundlagen und gilt als Prämisse für jede
weiterführende, folgende Modellierung.
Form ist ein prozessgebundenes Phänomen in Bezug auf die Herstellung
(Technik).
Formgebung korrespondiert mit der uns eigentümlichen Weise das
Wahrnehmbare als Welt zu erfassen und in Modellen zu beschreiben.
Natürlich und kultürlich.
Dem Modellieren geht der natürliche Spaß des zugrundeliegenden
Entdeckertums voran.
Denn das Entdecken und Erfassen – also auch die Befähigung etwas fassbar
machen zu können, anhand von Modellen, vielleicht sogar Ordnung –
Nachreihen, Gliedern, Verwerfen – jedenfalls Prüfen und Vergleichen, ist
im Menschen angelegt in der Art als dieses Entdeckertum von Mal zu Mal
bei der Reproduktion der Spezies weitergegeben wird, ohne dass jede neue
Generation quasi wieder bei Null anzufangen bräuchte. (Eben weil die
Modelle auch bestehen. Sie sind Generationen-übergreifend und werden
ständig aktualisiert dh.: sie sind aktuell; was nichts aussagt über ihre
qualitative Veränderlichkeit.)
Das ist die eine typische Motivation des Menschen in seinen Tag zu starten.
Die andere ist die Angst. Das Entdeckertum macht Spaß (biochemisch).
In einer aufgeschnappten Konversation zweier Individuen derselbigen
Spezies, hieß es kürzlich, Hunde könnte man alleine lassen wenn man in
den Urlaub fährt, weil sie kein Zeitempfinden hätten – oder sinngemäß so
ähnlich. (Damit wollte gesagt werden dass ein Hund sich bei der Rückkehr
seines Herrchens nach zehn Tagen Abwesenheit ebenso darüber freute wie
nach drei Tagen.)
Wie kann nun aber ein anderes Individuum derselben Spezies dass von sich
weiß, dass es kein Empfinden von Zeit also keinen Sinn zur Wahrnehmung
von Zeit hat, überprüfen ob eine andere Spezies (Hund) so etwas hat
zumal er selbst (ein Mensch) weiß dass er nicht wissen kann wovon andere
Angehörige derselben Spezies Mensch da sprechen?*
Evolution! Posthuman.
Entwicklung von Kultur ist auch ungebunden, jenseits von primär
materieller Formgebung (Technik) und gelöst von Erfahrung (Ursprung)
möglich.
Das ist verwirrend. Aber vorstellbar. Ein einander bedingendes
Verhältnis von Originalität und Fehler; vielleicht so notwendig wie
jeder andere Fehler mit Anspruch auf Korrektivität. ( „... entwickeln
die Ideen nicht unbedingt ein /reales /Verhältnis zur Welt (allenfalls
das Verhältnis zu anderen Ideen und ideologischen Konstruktionen), sie
sind deshalb in der Regel kühner und großzügiger (…); ihr Flügelschlag
ist kühn, visionär. Wenn die Tatsachen nicht mit ihnen übereinstimmen,
umso schlechter für die Tatsachen. Gerade diese Ignoranz ist es aber
auch, die die Ideen, über deren Haupt nicht unaufhörlich das
Damoklesschwert der strengen Verifikation im Verhältnis zur Welt
schwebt, in die tückischste Form der Verblendung stößt – nämlich in die
unkritische Überzeugung, dass das, was nur sich selbst genügt, auch für
die Welt am besten geeignet sei.)**
bzw.
Ein Albatros wird ziemlich sicher zugrunde gehen wenn er sich die Beine
bricht; fliegt er aber, dann in technischer Vollendung.
Evolution bedeutet hier, dass er versuchen muss trotz seiner speziellen
Befähigung zum Gleitflug und virtuoser Manöver zu überleben.
Ist die Bobachtung eine Notwendigkeit? Welches Ziel hätte sie? Die
Beobachtung ist wohl kaum ein Vorgang? Etwas das vor sich geht, abläuft,
sich entwickelt; ohne dass jemand dazu vonnöten wäre?
Obgleich jemand da sein muss, der beobachtet ist die Beobachtung nicht
an dessen Wertung gebunden. Beobachten heißt: nicht werten. Tatsächlich
kann man entweder das Eine oder das Andere bewerkstelligen. Nicht
Beides. Obgleich wir in Bezug auf Erfahrungen nicht mit jeder Generation
von Null anfangen müssen, ist die Erfahrung des Beobachtens immer nur
die des eigenen Beobachtens.
Dabei geht es gar nicht so sehr darum dass jede selbst gemachte
Erfahrung besser verstanden wird als lediglich die überlieferte und
angenommene; aus zweiter und dritter Hand bestätigte; vom Hörensagen.
Sondern: Der Zustand des Beobachtens, der uns noch im unklaren lässt was
anzufangen wäre, sein könnte, liefert keine theoretische Erkenntnis.
Die Beobachtung ist reine Ungewissheit; für die es wiewohl irgendwelche
Resonanzen im Bewusstsein (stabile Verbindungen von Nervenzellen im
Gehirn) gibt – oder geben wird. Diese Prägung ist eine Eigenprägung die
jedes Individuum selbst vornimmt (auf Grundlage der singulären
Voraussetzungen und Möglichkeiten. Es kommt zu Signifikanz einer
erfahrbar gemachten Beobachtung und in der Folge zu /einer/ Identität).
Die Ungewissheit der Beobachtung evoziert „ich bin“ als die
Deckungsgleichheit von „ich bin der, der beobachtet“ und „was beobachtet
ist“, als Realität (die dadurch zur Realität /per se /wird); als einen
Geistes-Zustand der sehr viel älter zu sein scheint als die Epoche der
Verstandesleistung, des Menschen als vernunftbegabtes Wesen mit einem
„freien Willen“ als dessen Folge.
Die systematisch Produktion von Realität als Darstellung abgeschlossener
Verstandesleistungen und Bewertungen (von Erfahrung, Ursache und
Wirkung) hat dogmatische, religiöse Züge.
Praktisch gesehen ist die Beobachtung der freiere Zustand, der
pragmatisch freieste Zustand von Bewusstsein, auf den nichts zu folgen
braucht. Man verharrt bevor man irgendeinen Schritt tut – und vergisst
dabei, dass man irgendeinen Schritt tun wird. Die Beobachtung ist der
Respekt den man der Fehlerhaftigkeit der eigenen Maschine zollt.
Die uns umgebenden Modelle (keine Zivilisationskrankheiten, eher
Zivilisationsfehler oder Zivilisationsoriginalitäten) wiegen uns im
Schein der Sicherheit einer zivilisatorisch errungenen Welt die
unumstößlich ist. Ansporn zur Beobachtung gibt es hier kaum noch. Und
eine Notwendigkeit, lässt sich darüber hinaus nur außerhalb dieser
Komfortzonen entdecken.
Sie sind kollektive Akklamationsformeln. Der kollektive Zirkel „je
klüger desto dümmer“***
ist eine Folge des individuellen Mangels an Beobachtung. Nur der
Einzelne kann beobachten, nur noch der Einzelne kann einen Schritt zur
Seite treten.
Nun bewegt der Verstand sich/uns nur sinnvoll (und entsprechend der
Erfordernisse von Notwendigkeiten: sicher) innerhalb von Modellen auf
Grundlage von Sinneserfahrungen.
Religion ist wohl eher eine „Selbsthilfegruppe“ die kultürlich den Spaß
am Entdeckertum schon ebenso fürchtet wie (und wegen) die Frustration
der Enttäuschung die damit zwangsläufig einhergeht. Alles Modellieren
ist ein Versuchen. Die Belehrung dh.: Erkennen eines Besseren ist
prozesshafte Notwendigkeit in Bezug auf die Technik.
(Das Beobachten alleine hält uns im Bann den die ohnmächtige
Universalität von etwas noch Neuem, dass vorerst eben nur zu beobachten
ist, auf uns legt. Es wird stetig „neu“ beobachtet.)
Religion hat immer eine spezifisch geringere Frustrationstoleranz als
mögliche andere sie gleichzeitig umgebende kulturelle Modelle (zum Stand
der Welt).
Fazit: die dominanten Welt-Modelle sind überwiegend religiös (dem
Wortsinn nach: das pedantische Beachten von Geboten. Aus der Erfahrung
/exPerior/wird die Anordnung, das Gebot /imPerio/) und: Die Welt
intellektueller Beschreibungen (Entscheidungen, Klassifikationen und
Prinzipien – wie Ursache und Wirkung) ist nicht die Kunst. Es ist die
Sprache; genauer: die Schrift.
B
Gott und Zeit sind Kulturleistungen. Vielleicht nicht die ersten, aber
doch sehr frühen Versuche den noch jungen Schleifen des bewussten Seins
(sich selbst) zu helfen.
Beobachten ist ein Selbst-Experiment, dessen Ergebnis heuristisch und
erst im Nachhinein bestimmt
werden wird.
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*Es „hilft“ ein Modell, dass in Bezug auf das Hantieren mit Zeit
spezifisch religiöse Züge hat. Das Modell Zeit ist auch im Menschen
nicht ursprünglich an Sinne gebunden. Niemand „hat“ ein Zeit-Empfinden.
Zeit kann nur als Quantität von Beobachtungen anderer und wahrnehmbarer
Ereignisse „übersetzt“ werden. Eine Kultur-Leistung.
**Josef Muhovic in „Über das Geistige in der Kunst – zum zweiten Mal“,
LIT 2010
*** W. Gombrowicz
Consciousness is a collective problem
Part 2 – *On the reintroduction of watching*
The principle.
A
Watching creates foundations and is the premise for any further,
subsequent modelling.
Form is a process-linked phenomenon in relation to production (technology).
Forming corresponds to our peculiar way of grasping the perceptible as a
world and describing it in models.
Natural and cultural.
The natural fun of the underlying discovery precedes the modelling.
For discovery and comprehension – and thus the ability to make something
comprehensible, by means of models, perhaps even of ordering, of
relegating, grouping, discarding, at very least of examining and
comparing – are inherent in man in the way that this discovery from time
to time is passed on with the reproduction of the species, without every
new generation having to start again virtually from scratch. (Precisely
because the models exist. They are intergenerational and being
constantly updated, that is, they are current; which says nothing about
their qualitative variability.)
This is one typical motivation of human beings to start the day.
The other is fear. Discovery is fun (biochemically).
In a conversation recently overheard between two individuals of the same
species, it was said that dogs could be left alone when you go on
holiday because they have no sense of time, or something to that effect.
(This meant that a dog was as happy about the return of its master after
ten days absence as after three.)
But how can another individual of the same species that knows it has no
sense of time, that is, no sense for the perception of time, verify
whether another species (dog) has such a thing, especially since he
himself (a human being) knows that he cannot know what other members of
the same species, that of human beings, are then talking about?*
Evolution! Post-human.
Development of culture is also possible unaffiliated, beyond primary
material formation (techique) and detached from experience (origin).
That is perplexing. But imaginable. A reciprocally conditioning
relationship between originality and error; perhaps as necessary as any
other error with the claim to correctability (“... ideas do not
necessarily develop a /real/relationship to the world [at most the
relationship to other ideas and ideological constructions]; they are
therefore usually more daring and more generous [...]; the beat of their
wings is bold, visionary. If they disagree with the facts, all the worse
for the facts. It is precisely this ignorance, however, that /bumps
into/ideas, over whose head the Damocles sword of strict verification in
relation to the world does not incessantly hang, in the most treacherous
form of delusion, to wit the uncritical conviction that only what is
self-sufficient is best suited to the world.”)**
Or
An albatross will almost certainly perish if it breaks its legs; but
when it flies, it is technological perfection.
Evolution here means that, in spite of its special ability for gliding
and virtuoso manoeuvres, it must try to survive.
Is watching a necessity? What goal would it have? Watching is hardly a
process? Something is going on, is running, developing; without anyone
being needed?
Although someone must be there who watches, watching is not bound to his
valuation. Watching means not valuating. In fact, you can do either one
or the other. Not both. Although in terms of experience every generation
does not need to start from scratch, the experience of watching is
always only that of your own watching.
This is not so much about that every experience which you have gone
through yourself is better understood than that which is only the
traditional and accepted, confirmed second or third hand, by hearsay.
But rather that the state of watching, which leaves us still in the dark
as to what is to be done, could be done, furnishes no theoretical knowledge.
Watching is pure uncertainty; for which, however, there are or will be
some sort of resonances in the consciousness (stable connections of
nerve cells in the brain). This imprint is an individual stamp that each
individual himself impresses (on the basis of the singular
presuppositions and possibilities; it comes to a significance of an
experienceable watching and subsequently to an identity).
The uncertainty of watching evokes “I am” as the congruence of “I am the
one who watches” and “what is watched” as reality (which thus becomes
reality /per se/); as a state of mind that seems to be much older than
the epoch of the accomplishment of understanding, of man as the rational
being endowed with “free will” as a consequence of this rationality.
The systematic production of reality as a representation of accomplished
understanding and valuations (of experience, cause and effect) bears
dogmatic, religious traits.
Practically speaking, watching is the freer state, the pragmatically
freest state of consciousness, from which nothing need follow. You pause
before taking any steps, forgetting thereby that you will take some
step. Watching is the respect you pay to the defectiveness of your own
machine.
The surrounding models (not diseases of civilization but rather errors
of civilization or originalities of civilization) cradle us in the light
of the security of a won world through civilizational means, which is
irrevocable. There is hardly any incentive to watch here. And a
necessity beyond this can be discovered only outside these comfort zones.
They are collective formulas of acclamation. The collective catch 22 –
“the smarter, the dumber: *** – is a consequence of the individual lack
of watching. Only the individual can watch, only the individual can
still step aside.
Now, the understanding moves, moves us, only in a meaningful manner (and
according to the requirements of necessities: safely) within models
based on sensory experiences.
Religion is rather a “self-help group” that culturally dreads the fun of
discovery as it does (and because of) the frustration of disappointment
that inevitably goes hand in hand with it. All modelling is an attempt.
Instruction, that is, the recognizing of something better, is a
procedural necessity in relation to technique.
(Watching alone holds us under the spell of that which the powerless
universality of something still new, and which for the time being can
only be watched, imposes on us. It is constantly watched “anew.“)
Religion always has a specifically lower tolerance of frustration than
do other possible simultaneous cultural models surrounding it (as to the
state of the world).
Conclusion: the dominant world models are predominantly religious (in
the literal sense: the pedantic observance of commandments; from the
experience /exPerior/comes the decree, the command/imPerio/) and the
world of intellectual descriptions (decisions, classifications and
principles such as cause and effect) is not art. It is language; more
precisely: writing.
B
God and time are cultural accomplishments. Perhaps not the earliest, but
very early attempts to help the still young loops of conscious being (to
help them help themselves).
Watching is a self-experiment, whose result is heuristic and is
determined only afterwards.
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* It “helps” in its dealings with time that a model has specific
religious traits. The model of time is also not originally bound up in
human beings with the senses. Nobody “has” a sense of time. Time can
only be “translated” into a quantity of watchings of other and
perceptible events.A cultural accomplishment.
** Josef Muhovic, “Über das Geistige in der Kunst – zum zweiten Mal“
(“On the spiritual in art – for the second time”), LIT 2010
*** W. Gombrowicz
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