+comunity+ AW: *kig* ordner

jörg vogeltanz joerg.vogeltanz at chello.at
Di Jun 29 11:39:45 CEST 2004


lieber albert,

klar: abzusehen war das schon 99. nur: wirklich konkret wurden die ängste
etwa ein jahr vor der kulturhauptstadtseröffnung.
dennoch waren das erfrischend klare worte zu 03.

worüber diskutieren wir? gute frage, die ich mir immer gestellt habe, wenn
ich bei ig- oder sonstigen "kultur"sitzungen á la "open space" zugegen
war... vielleicht um des kaisers bart?
worüber zumindest ICH diskutiere, ist die absurde komponente der dinge, wie
zb. die petitionsunterzeichnung durch stefan auer. oder anderer personen
(die ich hier nicht namentlich nenne), die gleichzeitig in landes- und/oder
stadtgremien sitzen und GENAU DADURCH dazu beitragen, dass geld, soweit
verteilbereit, immer später eintrudelt, wenn überhaupt... darüber motzen
bereits auch involvierte beamte, die die enorme zeitliche verzögerung der
subventionsvergabe und die mehrkosten für all diese "experten"gremien
täglich mitbekommen.

wer spiele mitspielt, darf sich eben nicht wundern, wenn er/sie spielregeln
einhalten muss. und wie spielregeln aussehen, die von politischen
entscheidungsträgern gemacht werden, weiss man. da ist keine politische
richtung anders. macht bedeutet meist auch machtmissbrauch oder zumindest
kompromisslose machtausübung.
und "früher" war natürlich gar nichts besser. ich denke noch an h. strobl
(der ja absurderweise heute von vielen herbeigesehnt wird, weil die
momentanen entscheidungsträgerInnen noch inkompetenter sind), der sein
ressort mit viel vitamin-b-nepotismus und wenig neophilie geführt hat... ich
kenne das argument noch von 03: wer da kritisch war, wurde wahlweise als
konservativ (was für ein unsinn, betrachtet man das stockkonservative
03-programm!), ewiggestrig oder neidhammel diffamiert. nur, weil man sich
kritisch zur momentanen situation äussert, will man doch nicht automatisch
einen status quo vom jahre schnee! und ich bezweifle sogar, dass es nach
einem wahlsieg der spö zu einer tatsächlichen strukturänderung kommen kann.

zu deinem bootvergleich: in der heimischen kulturpolitik WILL ich gar nicht
mit allen in einem schinakel sitzen... da hat man nämlich plötzlich
selbstmörder, piraten, ratten (die das schiff vorzeitig verlassen, aber
zurückkommen, wenns in der aussenwelt nix zu fressen gibt) und blinde
navigatoren an bord. und ich kentere so ungern im eismeer des
neoliberalismus...

mlg,
jövo





-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: kig-admin at mur.at [mailto:kig-admin at mur.at]Im Auftrag von albert pall
Gesendet: Dienstag, 29. Juni 2004 04:58
An: Ernst M. Binder; kig at mur.at; comunity at mur.at
Betreff: *kig* ordner


liebe ge´meinschaft,

seit etwas über zwei jahren sammle ich die konstrukte des kulturdiskurses
auf den zwei angeschriebenen listen in einem order. der grundtenor: jammern
über geld, das niemand hat, die jahreszeiten, und die vergänglichkeit des
seins (und offensiv: gemein-heit). der quasi literarische befund der/des
jeweiligen widerpart(In?)s UND der replik: an-gerührt; aber nicht
geschüttelt!

wir sitzen NICHT im selben boot, wir TUN: aber alle etwas anderes.

die dummheit, der veranstaltungswütigkeit der von der öffentlichen
wahrnehmung abhängigen personen/institutionen zu folgen (auch, wenn wir alle
von etwas leben müssen) steht in keinem verhältnis zu der entwürdigung, die
wir (als personen/menschen/künstlerInnen) in der angesprochenen sammlung
hingenommen haben (das ist auch jenen künstlerInnen passiert, die kein stück
vom kuchen abgekriegt haben).

ich lese, dass das desaster eh schon 2002 abzulesen war. lieber jörg: etwas
spät. im gründungsjahr der 2003GmbH, 1999?, haben nicht nur wir über die
auswirkungen auf das jahr 2004 gesprochen. die geilheit auf etwas verdienst
(pekuniär und im katalog (dabei war ich eh nicht, aber wegen dem ruf)) war
keine große versuchung, bei diesem großwirtschaftlich angelegten betrug
mitzuwirken. dieser neugeschaffene/neugesellschaftliche duktus unterliegt
jetzt aber keiner diskussion (da wünschte ich mir etwas mehr gedächtnis),
ganz im gegenteil: wir sprechen jetzt über verteilungsgerechtigkeit (welch
ein hohn!). und da fühlen sich die, die seit (verschieden) langer zeit ohne
horrende budgets den schein einer kulturstadt aufrecht erhalten haben, zu
recht in den arsch gefickt (keine sexuelle wertung!). zur erinnerung eine
sehr persönliche wahrnehmung: bis auf das riesenfeuerwerk letzes jahr habe
ich selbst keinen unterschied in der qualität und dichte der kunst- und
kulturveranstaltungen in diesem jahr wahrnehmen können (wo haben die leute
nur das viele geld her?).

nur: über was reden wir jetzt. über das, was wir schon vor (hier gewünschte
zahl einfügen) jahren gejammert haben? über das, dass früher alles besser
war? über das, was wir eh schon alle immer gewusst haben? oder reden wir
über die chuzpe, die die "leute" jetzt haben, "organisation" von kunst und
kultur in immer wieder neu gegründete gesellschaften und vereine
auszulagern, damit der/die bekannte von jemandem ein kleines zubrot zur
karenz (welche auch immer) einsackeln kann, welches das jahresbudget der
meisten aufrechterhalterInnen dieses anscheins einer "kulturstadt" bei
weitem überschreitet? oder über gerade "noch" legale schmähs, wie den
"verein der freunde der kulturhauptstadt", die gutbezahlt das defizit der
2003 GmbH abwickeln sollen? oder über das, was im moment die amseln von den
dächern pfeifen: arroganz = dummheit = ?

ich fange bei mir selber an, daher eine bitte: wenn jemand von euch mir ein
schönes schild malt (darauf: ich protestiere!), werde ich mich von meinem
geburtstag an ein jahr lang (sams- und sonn- und feiertags + gesetzlicher
urlaub geschlossen) am hauptplatz (vorm gesperrten denkmal und NATÜRLICH
angemeldet) aufstellen und den kulturdiskurs austragen, der dieser stadt
gebührt.

antworten! an lekes at mur.at
mahlzeit und gute nacht
olli



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Albert Pall
fax + phon: +43/316/948553
lekes at mur.at
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