[Spacemovie] Alle Filme Jessica Hausner

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Mon Jan 30 19:22:38 CET 2006


Abseits der versprochenen Spacemovie Pfade, die besten Filme die bisher 
noch in Graz zu sehen waren, zu spielen, arbeiten wir auch eng mit dem 
Programm des Kunsthauses zusammen. Und deshalb ergab sich die 
Gelegenheit eine Spezialprogramm Jessica Hausner in enger Zusammenarbeit 
mit der prominenten Regisseurin zu machen.

Anläßlich ihres Aufenthaltes im Kunsthaus Graz zur Premiere ihres
neuen Kurzfilmes "Toast", der auch der offizielle neue Diagonale
Trailer sein wird, freuen wir uns alle Filme einer der wichtigsten
österreichischen FilmemacherInnen präsentieren zu dürfen:

Mi 1. Februar, 19:30  Flora (Ö 1996) + Lovely Rita (Ö 2001)
   http://spacemovie.mur.at/0602_hausner1.html
Do 2. Februar, 19:30  Inter-View (Ö 1999) + Hotel (Ö 2004)
   http://spacemovie.mur.at/0602_hausner2.html
Flora ist eine Graz-Premiere.


Space Movie präsentiert alle Filme von Jessica Hausner.

Jessica Geboren 1972 in Wien. Studium der Psychologie, und ab 1991 Regie 
an der Universität für Musik und darstellende Kunst, Abteilung Film und 
Fernsehen in Wien, wo sie 1996 den Kurzfilm "Flora" realisiert, der auf 
verschiedenen internationalen Festivals Preise erhält. Ihr Abschlußfilm 
"Inter-View" erhält im Rahmen der Cinéfondation in Cannes 1999 den 
Spezialpreis der Jury. 1999 Gründung der Filmproduktion Coop 99, mit 
Barbara Albert, Martin Gschlacht und Antonin Svoboda. Zwei Jahre später 
wird ihr erster Langfilm "Lovely Rita" in Cannes im offiziellen Programm 
"Un Certain Regard" uraufgeführt. Bis zu "Lovely Rita" wurden alle ihre 
Filme auf Video und mit Laiendarstellern gedreht. Ihr zweiter Langfilm 
"Hotel", ein Thriller, wurde ebenfalls in Cannes im offiziellen Programm 
"Un Certain Regard" uraufgeführt, und gewann auf der Diagonale 2005 
einige Preise.

Mi 1. Februar 2006
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"Flora" (0:25min), "Lovely Rita" (1:20h)
19:30 Uhr, Space04 Kunsthaus Graz, € 5.-

Flora (Ö 1996)
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Die siebzehnjährige Flora lebt in einem kleinen österreichischen Dorf 
bei ihren Eltern. Sie geht gern in die Tanzstunde, wo sie allerdings 
meistens unaufgefordert sitzen bleibt. Insgeheim schwärmt sie für den 
selbstbewussten Attila, der blendend aussieht und ein hervorragender 
Tänzer ist. Der einzige aber, bei dem Flora selbst eine Chance hat, ist 
der unscheinbare Jakob. Aus Frust und mangels einer "besseren Partie" 
lässt sich Flora schließlich tatsächlich auf eine Freundschaft mit dem 
Jungen ein. Als sie einmal spät nach Hause kommt, ziehen ihre Eltern 
falsche Schlüsse und beschimpfen Flora sofort als Hure. Sie packt ihre 
Sachen und zieht zu Jakob. Kurz darauf begegnet sie in der Disco Attila, 
der ihr endlich etwas Beachtung schenkt. Flora lässt sich von ihm 
verführen. Ihre Illusionen werden jedoch jäh zerstört, als sie 
herausfindet, dass Attila verheiratet ist.

Mit einem betont lakonischen Inszenierungsstil und einer guten Portion 
schwarzen Humors zeichnet Jessica Hausner in ihrem Film eine bitterböse 
kleine Provinzposse. Trotz ihres unbestechlichen Blicks auf die 
Verhältnisse nimmt die österreichische Regisseurin der Hauptfigur auf 
ihrer Suche nach persönlichem Glück nie ihre Würde. "Flora", ein 
atmosphärisch überzeugender und hervorragend gespielter Film, wurde 1997 
in der Nachwuchsreihe des Filmfestivals von Locarno aufgeführt.

Auswahl FESTIVALS
50. Int. Filmfestival Locarno, "Leoparden von Morgen", Preis "Aaton"
Viennale 97, Preis Neues Kino
Festival Angers 99, Großer Preis für den Besten Film der Europäischen 
Filmschulen
2.Preis des Int. Studentenfilmfestivals "Sehsüchte" Berlin Babelsberg 97
Publikumspreis des Studentenfilmfestivals Wien

Ö 1996, R: Jessica Hausner, B: Robert Winkler, D: Claudia Penitz, 
Andreas Götz, John F. Kutil. 25min

Lovely Rita (Ö 2001)
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Rita ist eine Außenseiterin. In der Schule lachen die anderen über ihre 
unbeholfene Art, die Lehrer finden Rita frech, Ritas Eltern wollen sie 
zähmen- aber vergeblich: Unkraut verdirbt nicht. "Lovely Rita" erzählt 
von Ritas hartnäckigem Versuch, aus ihrer Einsamkeit auszubrechen und 
jemandem seine Zuneigung abzuringen - so zum Beispiel dem kleinen Fexi: 
er ist 13, der Nachbarbub, hat Asthma. Er ist auch ein Außenseiter, er 
ist froh, in Rita eine Partnerin gefunden zu haben. Aber Rita geht zu 
weit, sie überschätzt seine Reife, kommt ihm zu nahe. Ritas Bemühen um 
Liebe vertreibt die Liebe, weil sie immer wieder gegen Normen verstößt, 
die vor allem ihre Eltern aufrechtzuerhalten versuchen. Letztlich 
befreit sich Rita auf eine radikale Weise - und erlangt eine Freiheit, 
die erschreckend ist.

Es sei "ein leiser Film. Momentaufnahmen aus dem Alltag eines 
15-jährigen Mädchens in der österreichischen Provinz, eine Serie von 
Standbildern fast. Kein Erzählfluss, sondern ruppig montierte Szenen. 
Wenn dieser Film eine Geschichte wäre, bestünde sie aus knappen 
Hauptsätzen. (...) Eine zähe, bleierne, manchmal schreiende Stille", was 
sie positiv meint. Die junge Hauptdarstellerin hat ihr gefallen, das 
Ende nicht so sehr. Es wirke "als habe Michael Haneke das Drehbuch zu 
Ende geschrieben. Das ist schade, denn zwischen Hanekes Fatalismus und 
Hausners Unerbittlichkeit ist ein himmelweiter Unterschied. Nein, man 
mag diese Rita nicht, ahnt aber doch, was sie umtreibt. So viel Empathie 
würde Haneke seinen Helden nicht entgegenbringen." --Christiane Peitz, 
Tagesspiegel

An Haneke erinnert fühlt sich auch Thilo Wydra vom Schnitt. Er hat damit 
kein Problem und lobt den Film überschwänglich. Der mit Laien besetzte 
Film sei "von Jessica Hausner schlichtweg hervorragend recherchiert und 
inszeniert. Da stimmt einfach alles. Da wirkt nichts aufgesetzt oder 
drangehängt."

Für Matthias Heybrock (Frankfurter Rundschau) ist "die Eiseskälte bei 
Hausner eher etwas geringer. Denn wo Haneke den Figuren gleich bleibend 
distanziert entgegentritt, steht Hausner ihrer Rita doch näher als den 
anderen Protagonisten. Es entsteht eine melancholische Vertrautheit, 
wenn sie ihre Perspektive einnimmt und von ihren Erfahrungen spricht. 
Zudem bleibt es das exemplarische Erzählen von einem worst case 
scenario, das andere, weniger tödliche Formen von Einsamkeit und 
Fremdheitsgefühl einschließt und mit bemerkenswerter Energie 
publikumswirksam von Teenangst redet, ohne auf die Genreform 
zurückzugreifen."

Auch Claudia Lenssen von der Zeit lobt den Film. Hausners Drehbuch habe 
zum Glück auf Erklärungen verzichtet: "Sprachlosigkeit ist der 
destruktive Motor des Handschrift ist der insistierend langsame 
Bildrhythmus, eine Erzählten. Das Mädchen artikuliert sich durch seine 
Taten, wirkt sympathisch oder auch enervierend. Es bewahrt sein 
Geheimnis. Hausners Ästhetik verstärkt diese Distanz. Ihre Handschrift 
ist der insistierend langsame Bildrhythmus, eine um Abstand bemühte 
Kamera. Der aufgesetzte Schliff ihrer Laiendarsteller dient als 
Verfremdungseffekt." Eberhard von Elterlein (die Welt) hat's auch 
gefallen, aus den gleichen Gründen. Ein "wunderbare österreichische 
Milieustudie", die "unpsychologisierend, nahezu fatalistisch" erzählt 
wird und an Haneke erinnert. -angelaufen.de

"Ich kenne Lovely Rita schon aus der Zeit als gecastet wurde. Auf der 
Grazer Kunst Uni wird jedes Jahr ein kleines Filmprojekt durchgeführt 
und damals bekamen wird das fertige Drehbuch zu Lovely Rita und sollten 
einen kleinen Trailer dazu produzieren. Aber zuerst sollte man einmal 
das Drehbuch lesen. Da habe ich das erste mal gesehen, daß meine 
Fähigkeit Drehbücher zu beurteilen mir weit über den Kopf wächst. Ich 
lese relativ viele Drehbücher. Meine Einschätzung war damals in etwa 
folgendermaßen: Die Beziehung zu Fexi war mir viel wenig 
herausgearbeitet, die Dialoge nichtssagend. Es kommt alles auf die 
damals noch nicht gefundene Hauptdarstellerin an, die Nebenfiguren sind 
blaß, das Ende typisch Jessica Hausner / Haneke. Es kann nur letal enden.
Für einen banalen Plotgetriebenen Standardfilm wäre diese Einschätzung 
nicht so schlecht gewesen, aber Jessica Hausner habe ich maßlos 
unterschätzt. Das kann daran liegen, daß Filme, die den Hauptschwerpunkt 
auf das Innere, auf den Charakter legen, schwer in Bildern und Dialogen 
zu lesen sind, aber sehr gut als Film funktionieren. Aber inzwischen 
glaube ich, daß es ein spezielles Talent von Jessica Hausner ist, den 
Figuren die Tiefe über Bilder, Blicke, Ausstattung und non-verbale 
Kommunikation geben zu können. Diese Kraft kenne ich sonst nur aus 
asiatischen Existentialismus-Dramen, aber bei Jessica spürt man 
darüberhinaus die selbe verstörende Präzision und Genauigkeit des 
verallgemeinerten Alltages wie bei Haneke. Von dem fertigem Film hab ich 
ein bißchen Angst gehabt, daß er mich enttäuschen wird, und ich war 
maßlos überrascht, wie alle meine Kritikpunkte nach und nach entkräftet 
wurden. Die Geschichte funktioniert genauso genial wie in Inter-View, 
die Dialoge und die Entwicklung sind spannend, glaubwürdig und 
kraftvoll, und das Ende verstört nicht wie ähnlich gelagerte, banale, 
typisch österreichische Auflösungen. Blöd, aber zwingend." --Reini Urban

Sélection Officielle, Un Certain Regard, Cannes 2001
Vienna Film Award, Viennale 2001
Prix FIPRESCI, Mention Spéciale, Viennale 2001

Ö 2001, B+R: Jessica Hausner, D: Barbara Osika, Christoph Bauer, Peter 
Fiala, 80min


Do 2. Februar 2006
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"Inter-View" (0:48min), "Hotel" (1:14h)
19:30 Uhr, Space04 Kunsthaus Graz, € 5.-

Inter-View (Ö 1999)
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Jessica Hausner verbindet in Inter-View auf eigenwillige Weise die 
Geschichte eines Studenten, der Straßeninterviews macht, mit jener einer 
jungen Frau, die still, aber beharrlich dabei ist, sich ein Leben nach 
den eigenen Vorstellungen einzurichten, und reflektiert dabei die 
"Möglichkeiten von Glück und Unglück desselben". (Isabella Reicher)

Ein junger Mann interviewt Leute auf der Straße. Er sucht nach 
Möglichkeiten von Glück, er befragt die Menschen nach ihrem Leben, auch, 
um für sich selbst Antworten zu finden. Dabei trifft er auf eine Frau, 
die, nach mehreren Misserfolgen, ihrem Leben schließlich eine Seite des 
Glücks abgewinnen kann – und trotzdem kann sie ihm keine befriedigende 
Antwort geben.

„Jessica Hausner entwickelt in Inter-View eine intensive psychologische 
Studie über seelische Vereinsamung und gestörte Kommunikation. Das 
Interview als formales und gängiges Mittel zum Gedanken- und 
Informationsaustausch wird hier paradoxerweise zum schlimmsten Feind 
zwischenmenschlicher Verständigung. Indem die junge Regisseurin 
gestellte Dialoge mit "echten" Statements vermischt, erreicht sie in 
ihrem Film eine irritierende Wirklichkeitsnähe.“ (www.3sat.de)

Prix Spécial du Jury, Cinéfondation, Cannes 1999

Ö 1999, R: Jessica Hausner, D: Klaus Händl, Melina Oberndorfer, Birgit 
Doll, Hakon Hirzenberger. 48min


Hotel (Ö 2004)
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Irene beginnt ihren neuen Jobs als Rezeptionistin im Waldhaus, einem 
einsam gelegenen Berghotel in den österreichischen Alpen. Eifrig 
versucht sie ihre Aufgaben zu erfüllen, doch die Angestellten des Hotels 
erscheinen ihr zunehmend unheimlich. Irene fühlt eine rätselhafte 
Bedrohung, der sie sich nicht länger entziehen kann.

"HOTEL dreht sich einerseits um das heftige Verlangen, alles zu 
verstehen, was uns zum Erforschen der dunklen Seite unserer Existenz 
inspiriert. Andererseits handelt der Film vom Tod, den niemand wirklich 
kennt und der unabwendbar, mysteriös und dennoch ganz normal ist." - 
Jessica Hausner

Sélection Officielle, Un Certain Regard, Cannes 2004

Ö 2004, B+R: Jessica Hausner, D: Franziska Weisz, Birgit Minichmayr, 
Marlene Streeruwitz, Peter Strauß, Regina Fritsch. 74min
-- 
Reini Urban + Albert Gramer
http://helsinki.at/  http://spacemovie.mur.at/



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