*RH-92.6* presseaussendung

reni hofmueller reni at mur.at
Mon May 22 14:08:35 CEST 2000


hallo!

fuer die sonderzeichen kann ich nix :-)
reni

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Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe FreundInnen des Verbandes der Freien Radios Österreich!

Ich übermittle Ihnen/ Dir die Presseunterlage der am heutigen Vormittag
stattgefundenen Pressekonferenz des Verbandes der Freien Radios
Österreich. Anlass dafür ist die Senkung bzw. baldige vollkommene
Streichung der Bundessubventionen für sämtliche Freien Radios in
Österreich. Die finanzielle Situation der Radios wird sich dadurch arg
zuspitzen. - Aber lesen Sie/ lies´ selbst.

Mit freundlichen Grüssen
Barbara Wildberger
Radio FRO


Presseunterlagen

der Pressekonferenz – Verband Freier Radios Österreich und
Orange 94.0

„Ein unmoralisches Angebot“

Die Freien Radios in Österreich beziehen Stellung zu dem „unmoralischen
Angebot“ von Kunststaatssekretär Franz Morak, selbst ein
Ausstiegsszenario aus der Bundesförderung zu konzipieren.
Morak will die Freien Radios mittelfristig vollständig aus der
Bundesförderung „entlassen“. Mit der Streichung der Finanzierung Freier
Radios aus dem Budget des Kunststaatssekretariats zieht sich der Bund
aus der Verantwortung, Medienvielfalt in Österreich zu gewährleisten.


Montag, 22.Mai 2000
10.00 Uhr

im

WUK – Werkstätten- und Kulturhaus
Kunsthalle Exnergasse
Währingerstraße 59, Stiege 2, 1. Stock
1090 Wien

U.A.w.g.

Podium:

Fiona Steinert Orange 94.0, Wien

Christine Schäffler Freequenns, Ennstal

Helmut Peissl AGORA, Klagenfurt

Gerald Raunig IG Kultur Österreich

Maria Windhager Medienrechtsexpertin

Moderation:
Christian Jungwirth Verband Freier Radios -Österreich



Presseinformationen: Orange 94.0, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Manuela Meier, m.meier at orange.or.at, Tel. 319 09 99-7, Fax: 319 09 99-4


„...sonst kommt der nächste
und macht Fernsehen...“


Orange 94.0 nimmt Stellung zur
Kultur- und Medienförderpolitik des Staatssekretärs


Der Staatssekretär und die Perspektivenlosigkeit in der Medienpolitik

Das Gespräch von VertreterInnen des Verbands Freier Radios Österreich
mit Kunststaatssekretär Franz Morak am 4. Mai 2000 eröffnete dieser mit
einem „Angebot“: Die Freien Radios sollten ein Konzept vorlegen – zur
Entwicklung eines „fairen
Ausstiegsszenarios“ aus den bisher vorhandenen Bundesförderungen.

Dieses „Angebot“, das absurderweise den Auftrag enthält, die eigenen
Forderungen und die Notwendigkeit der Förderung einer vielfältigen
Radiolandschaft in Österreich zu widerlegen, kann natürlich nur
entschieden zurückgewiesen werden.

Die Begründungen und Ausführungen des Staatssekretärs zu seiner
Vorgangsweise verwundern in vieler Hinsicht. Mißverständnisse bzw.
politisches Unverständnis bestehen offensichtlich sowohl bezüglich
Funktionen, Inhalten als auch ökonomischen Bedingungen, unter denen
Freie Radios arbeiten.

Nocheinmal sei hier festgehalten, daß die Freien Radios in Österreich
von Anbeginn an mit dem Konzept möglichst diversifizierter
Finanzierungsformen angetreten sind. Die Unterstützung durch ihre
HörerInnen in Form von AbonnentInnen- und Spendensystemen sowie
Eigenfinanzierung durch den Einsatz des im Umfeld der Radiobetriebe
entstehenden Know hows spielen eine wesentliche Rolle in den
vorliegenden Finanzierungsmodellen und ihrer Praxis.
Dem gegenüber stehen Förderungen aus der öffentlichen Hand zur Abgeltung
der Dienstleistung, die Freies Radio an der Öffentlichkeit in Form einer
essentiellen Kommunikationsleistung erbringt.
 abstracts


1.) Freies Radio und der ORF

Dem Argument, daß mit dem ORF ohnehin ein flächendeckend vom Staat
gefördertes Medium vorhanden wäre, steht die grundlegend andere Funktion
Freier Radios gegenüber. Freie Radios ermöglichen die Partizipation
breiter Bevölkerungsschichten am gesellschaftlichen Diskurs, schaffen
Räume zu Artikulation und kritischer Berichterstattung
durch „Betroffene“. Funktionen, die der öffentlich-rechtiche Rundfunk in
seinem Rahmen nicht oder nur unzureichend erfüllen kann und die gerade
deswegen von essentieller demokratiepolitischer Relevanz sind.

(siehe Artikel: „Das haben wir alles schon“)


2.) Kulturelle Relevanz

Die Geschichte der bisherigen Mitfinanzierung Freier Radios durch den
Bund hat eine Ansiedlung der nichtkommerziellen Radioprojekte im Bereich
der Kulturinitiativenförderung ergeben. Dies geschah, von seiten der
Freien Radios, in Koordination mit der Interessensvertretung der
regionalen Kulturinitiativen, der IG Kultur Österreich. Zum einen
entspricht dies den künstlerischen Aktivitäten und dem kulturellen
Output Freier Radios im engeren Sinn, zum anderen liegt in dieser
Zuordnung eine Logik entsprechend einem Kulturbegriff, der (neue)
Kommunikationsräume und ihren kulturellen Mehrwert
erfaßt.

(siehe Artikel: „Heute gründet schließlich jeder eine Initiative“)


3.) Freies Radio und der freie Markt

Konservative Politik in Sachen Radio scheint sich zur Zeit auf der
Errungenschaft des Privatradiogesetzes auszuruhen. Damit wurde
schließlich der Zugang zu Frequenzen geschaffen. Jetzt sollen Wirtschaft
und HörerInnen für die Finanzierung sorgen. Konzentration und
Nivellierung als Folgen einer Politik, die sich ihrer gestalterischen
Verantwortung im Sinne einer pluralen Radiolandschaft entzieht, sind
evident.
Der neoliberale Ansatz, die Freien Radios aus den Bundesförderungen „auf
den freien Markt zu entlassen“, ist weder in betriebswirtschaftlicher
noch in medienpolitischer Hinsicht tragbar.
Nur am Rande ist dabei anzumerken, daß im übrigen auch die kommerziellen
Radios über Wirtschaftsförderungen subventioniert werden, der freie
Markt also ein relativer Begriff ist.

(siehe Artikel: „Wer vom freien Markt redet, sollte diesen auch kennen“)

Wer vom freien Markt redet, sollte diesen auch kennen.

Franz Moraks Aussagen über Freie Radios und den Markt, in dem sie sich
bewegen.

Franz Morak am 3. Oktober 2000 im Interview mit Orange 94.0: „...ich
könnte mir vorstellen, daß in diesem Land die Freien Radios, welche
wären, die ausschließlich den Freien Markt bedienen ... und weiter ...
es kann nicht sein, daß wir
soundsoviele Privatradios haben und die spielen alle den selben Dings
wie Ö3 – a bissl rauf und runter.“

Es muß wohl ein sehr romantisches Bild des Freien Marktes sein, dem der
Staatssekretär für Kunst und Medien da anhängt. Gerade in bezug auf
Österreichs Medienmarkt ist schon seit Jahren klar, daß das freie Spiel
der kommerziellen Kräfte zu Konzentration, Ausverkauf und Nivellierung
führt. Auf der inhaltlichen Ebene dürfte dies Franz Morak auch
bereits registriert haben, moniert er doch, das immer mehr vom selben
durch den Markt produziert wird. Verwunderlich, daß er sich im gleichen
Atemzug aus der Verantwortung für den regulierenden und gestaltenden
Eingriff durch staatliche Stellen ausnimmt, indem er die Freien Radios
auf den Freien Markt verweist.

Es ist anerkannter Stand der Lehre, daß ÖkonomInnen ein funktionierendes
Medienmodell nicht bloß über die ökonomischen Faktoren determinieren,
sondern sehr wohl die Faktoren des Marktversagens in eine ganzheitliche
Betrachtung des Feldes mit einbeziehen. Wenn Josef Trappl vom
Prognos-Institut den Begriff „Medienexternalitäten“ verwendet, bezieht
er sich genau auf jene Faktoren eines funktionierenden Systems, das
durch den Markt allein nicht gewährleistet werden kann: „...die
Medienkonzentration erschwert zweifellos den Meinungsjournalismus und
Freie Radios treten hier als Korrektiv – sozusagen als Komplementär auf.
... Sie ergänzen das Mediensystem. ... Die Meinungskontrollfunktion kann
von Monopolmedien schlecht wahrgenommen werden, da Monopolmedien sich
mit der
politischen Macht – aber auch mit der wirtschaftlichen Macht – sehr
schnell arrangieren. Freie Radios leisten eine Grundversorgung für all
jene, die aus der kommerziellen Logik rausfallen, sie vermitteln
Medienkompetenz aus der Produktionsperspektive.“ (Josef Trappl, Plural
FM, 14.April 2000)

Medienpolitik täte gut daran, diese einerseits demokratiepolitischen
Faktoren einer Medienszene abseits des Marktes zu würdigen und
andererseits anzuerkennen, daß es politischen Handelns bedarf, um jene
Faktoren, die durch den Markt nicht geregelt werden können (also das
Marktversagen), im Sinne des Marktes aufzufangen. Die romantische
Annahme, der Freie Markt sei ein Feld der unbegrenzten Möglichkeiten ist
an und für sich töricht, das zu erkennen ist ökonomische Logik.

 Das haben wir schon alles.

Über die Nutzlosigkeit Freier Radios

Franz Morak: „...in Wahrheit machen die Freien Radios genau das, was der
ORF macht ... der grundsätzliche Ansatz der Freien Radios ist falsch –
wir haben das schon.“

Das Bekenntnis zum dualen Rundfunksystem hörten wir immer wieder – auch
aus dem Munde des Staatssekretärs. Zu diesem dualen System, das de facto
ein triales (öffentlich-rechtlich, privat-kommerziell und
privat-nichtkommerziell) ist, gehören Eckpunkte, die sich durch
Vereinfachungen auch nicht wegreden lassen. Privates charakterisiert
sich im
Unterschied zum öffentlich-rechtlichen v.a. dadurch, daß es in
staatsferne organisiert ist. Keine Kuratorien, keine paritätisch
besetzten Aufsichtsräte und auch keine politische Intervention sollten
den privaten Sektor in den Einfluß des Staates bringen. Staatsferne hat
auch zu bedeuten, daß Wertungen durch den zuständigen Politiker, „der
grundsätzliche
Ansatz sei falsch“ als Eingriff in diese Autonomie im dualen System
angesehen werden müssen.

Überdies ist der Begriff „Freies Radio“ kein frei interpretierbarer.
Freies Radio wird in den Erläuterungen zum PRG ebenso definiert wie auch
in Dokumenten des Bundeskanzleramtes. Im Papier GZ 601.135/4-V/4/98 des
Morak-Ressorts
heißt es da auch: „Das entscheidende Merkmal des ‚nichtkommerziellen‘
Hörfunks ist nach Ansicht des Verfassungsdienstes, daß damit spezifische
Anliegen ohne Rücksicht darauf verfolgt werden, ob sie
gewinnversprechend sind oder nicht. Im Ergebnis handelt es sich dabei um
die Veranstaltung von ‚Sendungen‘, die aus bestimmten – vor allem
gemeinnützigen – Gründen ausgestrahlt und von gewinnorientierten
Hörfunkveranstaltern nicht angeboten werden. Die strukturelle
Besonderheit besteht insbesondere darin, daß diese Form von Radio nicht
Zuhörer an die „werbetreibende“ Wirtschaft verkaufen muß.
Nichtkommerzielles Radio gehorcht nicht dem Primat der Einschaltquoten,
konkurriert somit
nicht auf der ökonomischen Ebene mit den Mitanbietern, sondern nur auf
der publizistischen.“ Man kann also nur empfehlen, die Ausführungen der
Mitarbeiter der Medienabteilung im BKA auch wahrzunehmen.

Wer die Perspektive ändert, verändert auch das Bild. Genau die
Vielfältigkeiten der Betrachtungsweisen der gesellschaftlichen,
künstlerischen und sozialen Vorgänge in einem Land machen ein plurales
Mediensystem aus. Wer jemals Orange 94.0 oder eines der anderen Freien
Radios in Österreich und andererseits die ORF-Radios gehört hat, muß
bestätigen, daß hier Grundverschiedenes gemacht wird. Und selbst wenn
man dem theoretischen Fall des „Wir-haben-etwas-schon“ folgt, gilt, daß
die Diversifizierung der medialen Vermittlung eine Voraussetzung für
demokratische Willensbildung ist. Alles andere ist die Rückkehr in
monopolistische Zustände. Und diese sind bekanntlich konventionswidrig.

Heute gründet schließlich jeder eine Initiative

Zuviel Kreativität in Zeiten wie diesen

Franz Morak: „Wir haben hier die krause Situation, daß Radio in der
Kunstabteilung angesiedelt ist – in einer Zeit, wo viel zu wenig Geld
für die Kunst da ist. Da müssen Projekte eben gewichtet werden. Und bei
den Kulturinitiativen geht es um den lebenden Menschen, das sind lebende
Soziotope, wo Menschen miteinander in Kommunikation treten.“

Eigentlich ist mit dem „Soziotop“ ja recht treffend umschrieben, was
sich in Freien Radios abspielt – nur daß sie eben nicht gemeint sind.
Verstanden werden sie offensichtlich – ganz im Sinne des alten
Dampfradios – als mechanistische Verlautbarungsapparate.

Nur: Ganz so einfach funktioniert Freies Radio nicht. Wenn
VolksschülerInnen und SeniorInnen, das Wienerlied und die Drum and
Bass-Sendung aufeinander treffen, Wrestling und Philosophie Thema sind
und unterrepräsentierte Meinungen transportiert werden, dann entsteht in
erster Linie das Abbild einer pluralistisch strukturierten Gesellschaft.

Es entstehen Orte und eben Initiativen, die ein beträchtliches
Kommunikationspotential beinhalten und dieses in einem ebensolchen
Kommunikationsaufwand realisieren. Dadurch werden Freie Radios mit ihren
technischen und organisatorischen Grundstrukturen selbst zu im
kulturellen Feld agierenden Größen.

Ganz abgesehen von ihrer Charakterisierung als Kulturinitiativen, sind
Freie Radios beispielhafte Orte kultureller Produktion im klassischen
Sinn, indem sich Kulturschaffende der Radio-Infrastruktur als Material
ihrer kulturellen Arbeit bedienen.
Kontinuierliche Kooperationen mit Kulturprojekten, ja die Ansiedlung
zumeist im unmittelbaren Kontext dieser Initiativen veranschaulichen die
Synergien recht deutlich.

Auf formaler Ebene schlägt sich das Offensichtliche in der Konformität
mit den Richtlinien der Abteilung II/8 zur Förderung regionaler
Kulturinitiativen nieder. Insofern ist die zunächst aus Mangel an
Alternativen erfolgte Zuordnung in die Kunstsektion nur logisch und
konsequent. Und wenn den Freien Radios von Morak vorgeworfen wird, daß
sie aufgrund
ihrer Lokalität nicht bundesrelevant sind, dann müssen wir jetzt schon
um das Weiterbestehen der Abteilung II/8 und hunderter daraus
mitfinanzierter lokaler Kulturinitiativen schwer besorgt sein.

Es scheint – auch in Hinblick auf die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes
– also mehr als fragwürdig, wenn Freie Radios nun ausschließlich
aufgrund der Tatsache, daß ihre Ausdrucksform keine reale Bühne, sondern
eine elektronische ist, prinzipiell von Förderungen, deren Kriterien sie
entsprechen, ausgeschlossen werden.


Die kulturelle Relevanz und Nähe zu den Aktivitäten der
Kulturinitiativen hat die Dachorganisation IG Kultur von Beginn an
erkannt, ebenso wie andererseits die Verwertungsgesellschaften im
Musikbereich begriffen haben, daß der Faktor
kultureller Innovation, Freie Radios wesentlich von anderen Formen des
Hörfunks unterscheidet.
Jetzt muß mit dem neuen Kunststaatssekretär ganz von vorne über Kultur
und was als solche zu verstehen sei, debattiert werden.


Zuviel Eigeninitiative hat Österreichs Zivilgesellschaft offensichtlich
an den Tag gelegt, wenn die Feststellung, „daß heute ein jeder kreativ
ist“ zur Bedrohung wird. Soviel jedenfalls, daß der Staat sich veranlaßt
sieht, restriktiv reglementierend einzugreifen, indem er –
paradoxerweise – auf den freien Markt verweist, anstatt seiner
Verantwortung zur
Gewährleistung einer pluralistischen Medienlandschaft nachzukommen.


Presseinformationen: Orange 94.0, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Manuela Meier, m.meier at orange.or.at, Tel. 319 09 99-7, Fax: 319 09 99-4




Statement
Alexander Baratsits, Radio FRO 105.0 Mhz.Linz, Geschäftsführung

Radio hat ca. 300 MitarbeiterInnen in 100 Sendungen im Monat, die
unentgeltlich Radioprogramm machen. Neben der durch diese Zahl
bestätigten gesellschaftlichen Relevanz von Freien Radios wie Radio FRO
105.0 Mhz. bestechen aber auch die Sendungsinhalte selbst.
Andersprachige Sendungen,  Seniorenradio von Senioren selbst produziert,
die Kultur- und Bildungshäuser Linz (Posthof, Nordico, Neue Galerie,
Stadtbibliothek, VHS, Architekturforum, Brucknerhaus,
Brucknerkonservatorium,....) bieten eine breite Palette für engagierte
Initiativen und Bevölkerungsgruppen, die sich in der
Öffentlichkeit sonst nur schwer Gehör verschaffen könnten.

Für Radio FRO 105.0 Mhz heißt der Entfall der Bundessubvention ATS
880.000 oder ca. 20% der Einnahmen. Führt man sich vor Augen, dass der
Verband der Freien Radios letztes Jahr insgesamt ca. 5 Mio. ATS an
Förderung vom Bund erhalten hat, dann wird das Ausmass der
Fadenscheinigkeit und Treffsicherheit der Aktion Moraks klar. Stellt man
dies
nämlich, wenn wir schon bei Medien sind, einer Presseförderung
gegenüber, von der mehrere äußerst gewinnträchtige Zeitungen insgesamt
noch immer mehr als 200 Mio an Bundeförderungen abkassieren, dann fällt
auf, was mit dieser Lenkungsmassnahme erreicht werden soll: nicht
Vielfalt und offener Zugang im Radio, nur mehr CD- und
Witze-Abspiel-Radios.

Radio FRO 105.0 MHz. plant als erste Massnahme dagegen eine
Informationskampagne in Form einer Petition „Freie Meiung braucht Freie
Medien“ und zusammen mit Netz- und Zeitungsinitiativen einen Tag der
Freien Medien am 15. Juni 2000. Weiters werden zur Zeit juristische
Schritte gegen diese eklatante Ungleichbehandlung geprüft.

Pressekonferenz von Radio FRO 105.0 MHz. und Freies Radio Salzkammergut
am Mittwoch, 24. Mai 2000, 10 Uhr im Café Strom.


Statement
Fiona Steinert, Orange 94.0 Wien, Obfrau

An Inhalten, Funktionen und ökonomische Rahmenbedingungen, unter denen
Freie Radios arbeiten, geht die Aufforderung von Kunststaatssekretär
Morak völlig vorbei, die den Rückzug der Freien Radios aus der
Bundesförderung verlangt. Sie beweist Unverständnis sowohl für den
Kulturbegriff, mit dem Freie Radios zu fassen sind, für die
emokratiepolitische Relevanz, als auch für die Finanzierungsmodelle, die
eine Förderung Freier Radios notwendig machen.

Orange 94.0 zeigt als Beispiel für ein Freies Radioprojekt im urbanen
Raum, daß der Markt im Sinne einer Bedürfnislage nach
Artikulationsräumen vorhanden ist. Mit dem freien Markt, der als Feld
der Bewährungsprobe, der sich Privatradios zu stellen haben, beschworen
wird, hat dieses Funktionieren allerdings wenig zu tun.
Freie Radios nehmen eine kompensatorische Rolle in der ansonsten recht
eintönig strukturierten Radiolandschaft ein und tragen zu einem
funktionierenden Mediensystem bei. Die Gewährleistung der so erreichten
Medien- und Meinungsvielfalt liegt in der Verantwortung des Staates.

Mit dem momentanen Vorgehen und der Perspektivenlosigkeit in der Medien-
und Förderpolitik ist viel mehr gefährdet, als „nur“ einzelne Projekte,
die in den vergangenen Jahren aufgebaut wurden. Es geht um Standards,
die außerhalb Österreichs längst erkannt worden sind und hierzulande
wohl nur aus Unwissenheit ignoriert werden. Die Situation der
Freien Radios, die beispielhaft für die Umsetzung dieser Standards
stehen, wird auf internationaler Ebene aufmerksam verfolgt – in Sorge um
die medien- und demokratiepolitischen Entwicklungen in Österreich.


Statement
Christine Schäffler, Freequenns 100,8 – das Freie Radio im Ennstal

Seit 1.April 1999 „on air“, ist freequenns 100,8 in Liezen, Ardning,
Seltzthal, und im Ennstal, hinauf bis Aich/Assach zu hören.

Das Programm wird von 50 ehrenamtlichen RadiomacherInnen gestaltet, die
vor ihrer Tätigkeit bei freequenns 100,8 ausnahmslos keine
Radio-Erfahrungen hatten. Die Altersstruktur der RadiomacherInnen reicht
von 14 bis 69 Jahre. Die produzierten Beiträge repräsentieren die
unterschiedlichsten Musikgenres und Themengebiete. Durch die
kontinuierliche Beschäftigung mit den jeweiligen Schwerpunkten erlangen
die Redakteure einen hohen Grad an Sach- und Medienkompetenz.

Unsere RadiomacherInnen sind SchülerInnen, Handwerker, Akademiker,
Pensionisten - ein repräsentativer Querschnitt der sozialen Struktur im
Ennstal. Relevant sind neben Musiksendungen soziale und kulturelle
Themen. Viele BürgerInnen kommen als Studiogäste erstmals in ihrem Leben
mit dem Radio in Kontakt, Schulklassen führen regelmäßig Radioprojekte
durch, somit ist freequenns 100,8 als kultureller Ausdruck der Region
nicht mehr wegzudenken.

Finanzierbar wird ein Freies Radio im ländlichen Raum erst durch
gesicherte Förderungen. Die Eigenmittel aus Abovermarktung,
Eventgestaltung und Sponsoring decken nur einen kleinen Teil der
Unkosten ab. Im Fall von freequenns 100,8 hat die Stadtgemeinde Liezen
mit ihrer Förderungszusage die Initialzündung für den Start des Radios
gebracht.

Weitere Fördergeber sind das Land Steiermark, allerdings in einem zu
bescheidenen Umfang, und die Kunstsektion im Bundeskanzleramt, die
bisher den größten Förderanteil abdeckte. Eine Streichung der
Bundesförderungen ist auch bei noch so intensiver und kreativer Suche
nach alternativen Finanzierungsmodellen nicht kompensierbar und würde
zweifellos das Ende des Freien Radios im Ennstal bedeuten.

Freequenns 100,8 durch Werbung zu finanzieren ist sicher nicht
zielführend, wenn der offene Zugang zum Medium Radio so konsequent wie
bisher der Bevölkerung angeboten werden soll. Die Forderung nach einer
alternativen Finanzierung durch Werbeeinschaltungen ist insofern
widersprüchlich, als die Freiheit des Radios dann ja nicht mehr
existiert.



Statement
Helmut Peissl, Radio Agora - Klagenfurt

Freies Radio als Brücke zwischen den Kulturen.
Medium von Minderheiten und des interkulturellen Dialogs.

Radio AGORA sendet seit 26. Oktober 1998 in Kärnten sein zweisprachges
Programm Deutsch/Slowenisch, aber auch Programme in Serbokroatisch,
Spanisch und Englisch. Wie die beiden andern Minderheitenradios Korotan
und MORA wurde unsere Arbeit bisher zum Großteil aus der
Volksgruppenförderung des BKA finanziert. Insgesamt standen 1998 und
1999 je 15 Mio zur Verfügung. Im aktuellen Budget finden sich keine
Mittel für die drei Volksgruppenradios mehr.

Der zweisprachige Verein AGORA hat 1989 Klage in Straßburg eingebracht
um den Zugang der Minderheiten zum Medium Radio durchzusetzen. Im Urteil
das im Herbst 1993 erging, wurde eine klare Formulierung punkto
Medienzugang von Minderheiten gewählt. Es bedürfe „begleitender
Maßnahmen, um die Entstehung privater Monopole zu verhindern (....) die
Rechte und Bedürfnisse eines spezifischen Publikums, sowie
Verpflichtungen, die sich aus internationalen Rechtsinstrumenten
ergeben,“ sind zu berücksichtigen.

Was Medien und speziell Radioprogramme in Minderheitensprachen betrifft,
bildete Österreich lange Zeit ein europäisches Schlußlicht.  Der ORF
sendete jeweils gerade 50 Programminuten täglich in slowenischer und
kroatischer Sprache.
Zum Vergleich: In der Schweiz sendet der öffentlich-rechtliche Rundfunk
„Radio e Televisiun Rumantscha“ (RTR) 14 Stunden täglich in der Sprache
der Minderheit. In Italien sendet RAI-Triest immerhin noch 12 Stunden
für die slowenische Minderheit. Der Betrieb von Radio Rumantscha ist der
Schweiz ca. 10 Mio Schweizer Franken -also 80 Mio. Schilling - aus
Rundfunkgebühren wert. In Italien übernimmt der Staat die Kosten für das
slowenischsprachige Programm von RAI Triest. Soviel nur zum Vergleich
mit zwei Nachbarländern.

In Österreich wurde erst durch die Lizensierung von Minderheitenradios
und Freien Radios die Situation grundlegend geändert. Das soll nun durch
repressive Subventionspolitik wieder rückgängig gemacht werden.
Österreich hat die Europäischen Charta für Regional- und
Minderheitensprachen unterzeichnet, die Ratifizierung durch das
Parlament ist längst überfällig und sich damit auch verpflichtet seinen
Sprachminderheiten aktiv Platz in der österreichischen Medienlandschaft
zu sichern.

Die Rahmenkonvention zum Schutze nationaler Minderheiten des
Europarates, die Österreich im vorigen Jahr ratifiziert hat, fordert im
Artikel 6 von ihren Unterzeichnern explizit, die Unterstützung des
interkulturellen Dialoges in den Bereichen Erziehung, Kultur und Medien
zu gewährleisten. Einzig die nichtkommerziellen Freien Radios nehmen die
Aufgaben wahr, all den betroffenen Bevölkerungsgruppen den Zugang zum
Radio zu sichern.  In Art. 9 der Rahmenkonvention werden konkrete



Maßnahmen gefordert, Angehörigen nationaler Minderheiten den
Medienzugang zu ermöglichen, um Toleranz und kulturellen Pluralismus zu
fördern.
Ich kann hier nur unterstreichen daß die europäische Entwicklung dahin
geht, die Leistungen des dritten Sektor, gerade wenn es um den
interkulturellen Dialog im Medienbereich geht, zu unterstützen. 2001 ist
das Jahr der Sprachen, Österreich steht bereits international im Eck,
der offensichtlich fehlende Wille zur Unterstützung freier Medien
koppelt Österreich
weiter von der europäischen Entwicklung ab.


Statement
Gerald Raunig IG Kultur Österreich


Ausweisung aus dem „Paradies“ der Kunstsektion
Freie Radios als Opfer der definitionistischen Variante des Kulturkampfs

Während andere mit herkömmlichen Vokabeln ihre liebe Not haben (s.
"-ump"), betreibt Staatssekretär Morak wortgewandt die Umdefinition
seiner Förderungsobjekte. Um die Freien Radios generell aus den
Finanzierungsstrukturen des Bundes auszugrenzen, wird ihnen gegen die
Meinung der ExpertInnen in diesem Feld ihre Eigenschaft als
Kulturinitiativen aberkannt. Sowohl das Netzwerk der Kulturinitiativen,
die IG Kultur
Österreich, als auch der zuständige Beirat der Abteilung 2/8
(Kulturinitiativen und Kulturentwicklung) haben in den letzten Jahren
klar für diese Eigenschaft als Kulturinitiativen Stellung bezogen.
Sowohl aus den Statuten der IG Kultur Österreich,
also der Selbstdefinition der österreichischen Kulturinitiativen, als
auch aus der amtlichen Sicht der "Leitlinien zur Förderung der
Kulturentwicklung und Kulturinitiativen" (vgl. Jeff Bernard, Strukturen
autonomer Kulturarbeit in Österreich, Band 3, S. 177ff.) läßt sich klar
herleiten, daß Freie Radios (auch) Kulturinitiativen sind.
Staatssekretär Morak jedoch ignoriert Expertise wie Evidenz.



Statement
Maria Windhager, Medienrechtsexpertin


1. Willkür statt sachlicher Argumente

Auch Herr Morak ist bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben an die
Grundrechte und somit an den Gleichheitsgrundsatz gebunden.

Die freien Radios erfüllen alle Voraussetzungen für die Bundesförderung.
Ein Subventionsverhältnis stellt ein gesetzliches Schuldverhältnis,
ähnlich dem vorvertraglichen Schuldverhältnis dar: Liegen bestimmte
Voraussetzungen vor, so ist eine Förderung zu gewähren. Nur sachliche,
im Förderungszweck gelegene Gründe rechtfertigen eine Ablehnung des
Anspruches.

Herr Morak kann keinen sachlichen, am Förderungszweck ausgerichteten
Grund anführen, der eine Entlassung der Freien Radios rechtfertigen
könnte. Sein Vorgehen ist willkürlich und daher verfassungswidrig.


2. Verleugnung statt Gewährleistung

Herr Morak verleugnet die Tatsache, daß die von den Freien Radios
produzierte Vielfalt von Kultur, Kunst, Information und Meinung kein
(kommerzieller) Selbstzweck, sondern eine demokratiepolitische
Notwendigkeit für eine pluralistische Gesellschaft ist. Es ist höchste
Zeit den Stellenwert der alternativen Medien anzuerkennen und eine
Förderungspolitik zu
praktizieren, der nicht der Geruch von Almosen oder Gefälligkeiten
anhaftet.

Die Sicherung dieser Meinungsvielfalt darf nicht den Marktmechanismen
überlassen werden.

Wie die Entscheidung des EGMR in den österreichischen Rundfunkfällen
deutlich zum Ausdruck gebracht hat, besteht die Veranwortung des Staates
als "ultimate guarantor“ für die Gewährleistung der Meinungsvielfalt
auch darin, sicherzustellen,
daß der Rundfunk nicht bestimmten gesellschaftlichen Machtgruppen
ausgeliefert ist. Solange oder wenn die Gefahr einer einseitigen
Einflußnahme auf die öffentliche Meinungsbildung nicht durch eine
tatsächliche Vielzahl miteinander in
Konkurrenz stehender Rundfunkunternehmen aufgehoben wird, bedarf es
daher Regelungen, die die innere und äußere Unabhängigkeit der
Programmträger und Programmverantwortlichen und die gleiche Chance des
Marktzugangs sichern.

Der Grundsatz der Ausgewogenheit bedeutet die Verpflichtung, dafür Sorge
zu tragen, daß der Rundfunk mit seinen Programmen möglichst allen
kommunikativen Bedürfnissen einer demokratischen Gesellschaft Rechnung
trägt. In diesem Gebot wurzelt vor allem auch der kulturstaatliche
Auftrag des Rundfunks.







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