**H-I-T** Offener Brief des kulturanthropologischen Projekts MEHL GRIES BETON an die Bürgermeisterinnen

Projektgruppe MEHL GRIES BETON florianr at mur.at
Fr Nov 22 15:49:20 CET 2024


Liebe Freund:innen der Rösselmühle und des Griesviertels,

in den Auseinandersetzungen um eine nachhaltige Entwicklung und 
Revitalisierung der Rösselmühle und des Industrieerbes am Mühlgang 
stehen sich nun die beim Runden Tisch am 25. Juni an die 
zivilgesellschaftlich engagierten Expert:innen gerichteten Zusagen und 
die Entwicklungen um die laufende Rahmenplanung und Bürgerbeteiligung 
diametral entgegen.

Aus aktuellem Anlass hat die Projektgruppe MEHL GRIES BETON am 20.11.24 
diesen offenen Brief an die Bürgermeisterinnen der Stadt Graz gerichtet:



______________________________________________________________


Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Elke Kahr,
sehr geehrte Frau Vize-Bürgermeisterin Judith Schwentner,

Am 23. Oktober 2024 fand ein öffentlicher „Informationsdialog Areal 
Rösselmühle und Postgarage“ statt. Wir haben daran aktiv teilgenommen 
und uns mit Ablauf und Inhalt der Veranstaltung und Rahmenplanung 
intensiv auseinandergesetzt. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir 
uns an dem sogenannten Beteiligungsprozess NICHT weiter beteiligen werden.
Wir stellen damit NICHT unser Engagement für die ganzheitliche 
Revitalisierung der Rösselmühle und der Industrieerbe-Landschaft am 
Mühlgang sowie für eine respektvolle Stadtentwicklung ein.

BEGRÜNDUNG
_
__1)    Unser Studien- und Beteiligungsprojekt hat dies für die Stadt 
Graz geleistet: _
-    Ethnologische Forschungen und Analysen zur Bedeutung der 
Rösselmühle und des gewachsenen Bauerbes für verschiedene 
Anwohnergruppen; Zu deren Bedürfnissen und Wünschen für das Gries (als 
MA-Arbeit fortgeführt).
-    Dokumentation der Stadtdiskurse um die Rösselmühle (als MA-Arbeit 
fortgeführt).
-    Vermittlung von europäischen Debatten und Deklarationen zur 
sozialen Rolle kulturellen Erbes, von (EU-)Fördermöglichkeiten für ein 
Modellprojekt Rösselmühle/Industrieerbelandschaft Mühlgang, Aufbau eines 
Kontaktnetzes zu Fach- und Beratungsstellen (UNESCO, BMKÖS etc.).
-    Wanderausstellung „MEHL GRIES BETON – die Rösselmühle im Gespräch“; 
Gespräche mit Interessierten, Schüler:innen und Studierenden an bisher 6 
Standorten.
-    Textbroschüre in 3 Auflagen (Webdokumentation wird vorbereitet).
-    Zahlreiche Erzähl- und Diskussionsveranstaltungen.
-    Online-Petition „MEHL GRIES BETON: Rettet die Rösselmühle! Für eine 
respektvolle Stadtentwicklung!“, Betrieb einer Infoplattform 
(https://www.openpetition.eu/at/petition/online/mehl-gries-beton-rettet-die-roesselmuehle-fuer-eine-respektvolle-stadtentwicklung)
-    Angebot vom 3. Juli an die Stadtplanung zur Begleitung eines 
nachhaltigen Entwicklungsprozesses der Rösselmühle und des 
Industrieerbes am Mühlgang für integrierte Nutzungen (Kultur, Tourismus, 
Bildung, Wohnen, Natur) auf Grundlage unserer Forschungen und Expertisen.

Davon wurde NICHTS aufgegriffen. Den externen Planern waren unsere 
Unterlagen auf Nachfrage nicht bekannt.

_2)    Das bedeutet: _
-    Der Beteiligungsprozess gilt erklärtermaßen nur dem Grundstück der 
Rösselmühle nach Abbruch des Westturms, der Betriebs- und Nebengebäude. 
Am 23.10. war sie nur einen Nebensatz zu „schlechter Bausubstanz“ wert. 
Anderslautende Baugutachten werden ignoriert.
-    Die Planungsziele wurden vorab und einseitig mit den 
Eigentümer:innen fixiert.
-    Anwohner:innen sollen Alibi-Ideen für Mischnutzungen der neuen 
Wohnanlage liefern. Ein ergebnisoffener Prozess ist das nicht.
-    Eine wissenschaftliche Sozialraumanalyse entfällt.
-    Eine Gesamtbetrachtung des Bebauungsplangebiets von der Postgarage 
zu den ehem. Puch-Werkstätten am City-Park entfällt. Unser Vorschlag 
einer Industriekulturmeile am Mühlgang wird ignoriert.
-    Weiter wird behauptet, die Finanzierung von Bestandsentwicklung sei 
unmöglich.
-    Vorarbeiten, Nutzungskonzepte und Best-Practice-Beispiele des 
Komitees Rösselmühle werden ignoriert.
-    Ignoriert wird das Angebot der Uni Graz, sich mit ihrem Forum 
Demokratieforschung in ein Nachbarschaftszentrum Rösselmühle einzubringen.
-    Ignoriert wird der Wert Grazer Industrieerbes als soziale Ressource 
und Raum für Teilhabe und Demokratisierung.
-    Bürgerbeteiligung wird zu sinnlosem Post-it-Bicken. Brüskierend ist 
auch die kurzfristige Umdeklarierung der Veranstaltung als Kick-off des 
versprochenen Stakeholder-Prozesses.
-    Die Rösselmühle wird abgerissen. Der europaweit einzigartige 
Industrieerbe-Zusammenhang am Mühlgang wird zerstört.

_Dieser Weg einer Alibi-Bürgerbeteiligung missachtet 
Heimatverbundenheit, Lebensqualität und Engagement_
-    unserer Forschungspartner:innen rund um die Rösselmühle,
-    der Menschen, die am Griesplatz, Jakominiplatz und anderen Orten 
mit ihrem Wunsch nach Rettung der Rösselmühle und einer anderen 
Stadtbaupolitik auf uns zugekommen sind,
-    der Unterzeichnenden und Kommentierenden der Petition MEHL GRIES BETON,
-    von Expert:innen und Professionellen aus Grazer Universitäten, 
Stadtentwicklung, Altstadtschutz, Architektur und Zivilgesellschaft,
-    von zahlreichen Künstler:innen, sowie Lehrkräften und Schüler:innen 
von sechs und mehr Bildungseinrichtungen,
-    der Teilnehmer:innen bei Bürgerdialogveranstaltungen,
-    der Menschen, die diese Stadtregierung gewählt haben, um Abbruch- 
und Betonpolitik zu stoppen.

Die Rösselmühle ist ein vielhundertjähriges Wahrzeichen für Industrie 
und Handwerk, Arbeit, Gedächtnis und Gemeinschaft. Sie ist nun zum 
Sinnbild Grazer Stadtzerstörung geworden. Wir brauchen eine 
Stadtregierung, die Rückgrat beweist gegenüber den Einmischungen von 
Investoren in eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung.

Wir setzen uns weiterhin für das Industriedenkmal Rösselmühle und seine 
Umgebung ein – baukulturell, industriegeschichtlich, als Erinnerungs- 
und Begegnungsort, als Landmark – als ein besonderer Ort für die 
Zukunft, um den es sich zu kämpfen lohnt.

Für die Projektgruppe MEHL GRIES BETON

Jonathan Coenen, Katharina Eisch-Angus, Johannes Maier, Anna Monsberger, 
Laura Riedl, Florian Rumpl, Erika Thümmel

-- 
Projektgruppe MEHL GRIES BETON_Gedächtnis und Zukunft der Grazer Vorstadt
Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Graz
Attemsgasse 25, A-8010 Graz
mehlgriesbeton at gmail.com
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <https://lists.mur.at/pipermail/hit/attachments/20241122/194b99c0/attachment-0001.html>
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : 5RcjqS0tXe4bDF9C.jpg
Dateityp    : image/jpeg
Dateigröße  : 16320 bytes
Beschreibung: nicht verfügbar
URL         : <https://lists.mur.at/pipermail/hit/attachments/20241122/194b99c0/attachment-0001.jpg>


Mehr Informationen über die Mailingliste HIT