+comunity+ über zäune...
Martin Schitter
ms at mur.at
Do Jun 16 02:28:47 CEST 2016
On 2016-06-15 12:35, renatn wrote:
> auch wenn ich natron (noch) nicht verwende, ist die
> geschichte doch sehr interessant! zuerst habe ich mich geekelt, dass sich
> kaptialistische methoden, wie loginzwang, das sich oft ja auch nur zum
> userdaten sammeln tarnt, auch hier in der opensource welt durchzusetzen
> und, was sehr in mode ist, dass es "alle" hinnehmen".
> wenn man aber den thread im forum genauer liest, legt man das vorurteil
> doch bald ab.
danke, renate, für deine ausführungen!
ich persönlich komme zwar eher zu etwas anderen schlüssen, aber die
sache ist eben nicht ganz einfach zu entscheiden. in diesem sinne freut
es mich wirklich, dass du die dinge anders gewichtest bzw. einen
alternativen blick darauf einbringst.
> im prinzip geht es darum, bzw so wie ich das verstehe, dass sie ziemlich genau bis
> 31.12.16 noch unterstuetzt werden, ab dann muessen sie auf andere sponsoren,
> geldquellen zurueckgreifen.
> ihre idee ist es nun, durch vorweisen von userstatistiken, also regem interesse
> der software, bei sponsoren auf sich aufmerksam zu machen und somit
> unterstuetzung lukrieren...ganz komprimiert zusammengefasst.
ja -- das ist zumindest jener erklärung zu entnehmen, in der sie auf den
entsprechenden protest einzugehen versuchen, nachdem sie uns vor
vollendete tatsachen gestellt haben. trotzdem kann auch ich diesen
ausführungen einiges abgewinnen. ihre sorgen sollte uns zumindest zu
denken geben.
> mmh, das ist fuer mich ein argument mit dem ich leben kann, bzw wo ich
> sehrwohl einen mailalias spenden kann, was natuerlich auch vertrauen vorraussetzt.
> das kann jetzt durchaus naiv anmuten, ich denke aber, zumindest in den
> "eigenen" kreisen sollte ein mindestmass an vertrauen geben.
"einen mailalias spenden" ist nett formuliert, aber was bedeutet es?
ist das tatsächlich so viel mehr als "eine IP", wie man sie in der
klingekasse der log-files des betreffenden rechners ohnehin hinterlässt,
auch wenn man sich nicht registrieren muss?
(derartige anonyme statistiken würde ich ihnen allerdings auch im falle
eines offenen mirrors jederzeit gerne für div. legitimationszwecke
zugänglich machen!)
mich persönlich machen solche ungereimtheiten jedenfalls eher stutzig.
ich muss dabei immer gleich daran denken, dass es gewissermaßen nur ein
erster schritt ist, der sich dann sukzessive weiter ausbauen lässt, wenn
sich die benutzer einmal damit abgefunden haben.
dass das leider auch im freien umfeld -- in den "eigenen kreisen", wie
du sagst -- leider durchaus auch anzutreffen ist, wurde uns erst diese
woche wieder am beispiel der "eclipse IDE" demonstriert, wo ein
eingebauter user-tracking mechanismus erst nach massiven protesten der
community wieder entfernt wurde. (siehe:
http://www.heise.de/developer/meldung/Community-verhindert-Spyware-in-Eclipse-3236501.html)
solche geschichten häufen sich leider in letzter zeit!
prinzipiell teile ich allerdings deine meinung, dass ein gewisses
vertrauen in die verantwortlichen upstream-entwickler noch am ehesten
geeignet scheint, den gröbsten unfug zu verhindern. die davon
losgelösten wiederverpacker und recycler sind sehr oft noch viel
schlimmer und gefährlicher!
ich denke da bspw. an "sourceforge", die sich vor einiger zeit ziemlich
unbeliebt gemacht haben, weil sie in die pakete von "Gimp" und "VLC",
die zu diesem zeitpunkt noch hauptsächlich auf diesem weg distributiert
wurden, einfach irgendwelche nervigen junkware in die installer
dazugepackt haben, die man dann beim auspacken extra wegklicken musste,
um sie nicht versehentlich auf seinen rechern zu installieren. trotzdem
-- mit der GPL und dem alleinigen schutz des quellcodes war das ja
(leider!) absolut vereinbar.
(http://www.pcworld.com/article/2938017/why-big-open-source-projects-are-fleeing-sourceforges-free-software-hub.html)
solche sachen gilt es wirklich zu verhindern!
das setzt eben auch voraus, dass die verantwortlichen entwickler von
sich aus eine gewisse bereitschaft aufbringen, mit den hohen erwartungen
und mancher überempfindlichkeit ihres klientes zu kooperieren. ansonsten
bleibt ja wirklich nur ohnmächtige ausgeliefertheit oder mehr oder
weniger aktionistischer protest.
> und ueberzeugt hat mich dann doch ihre aufforderung an dich, doch bitte mit
> ideen/alternativen zu kommen, damit das dann doch noch einen anderen weg
> einschlagen koennte. sicher, sie haben vorerst ueber die koepfe hinweg entschieden
> und ich denke, dass ist der punkt, der auch dir am meisten aufstosst, aber
> zumindest ist noch alles offen und bereit fuer veraenderung.
ja -- ich bin da grundsätzlich auch recht zuversichtlich, in ihrem fall!
auch wenn man die registrierungspflicht verurteilt und für nicht
wirklich sinnvoll und nützlich hält, muss man deshalb noch lange kein
plausibles patentrezept kennen, mit dem man die natron-entwickler von
ihren sorgen erlösen könnte. das sind wirklich zwei ganz verschiedene
sachen, die man sinnvollerweise auch getrennt abhandeln muss.
die jungs, um die es hier geht, besitzten wirklich eine derartige klasse
als programmierer -- ganz speziell der frédéric devernay --, dass man
sich um sie keine großen sorgen machen muss. jede firma kann sich nur
glücklich schätzen, solche leute zu bekommen! schwierig wird es erst
dann, wenn man sich darüber gedanken macht, wie man solche leute auch
unter den weit weniger marktorientierten rahmenbedingungen eines open
source projekts zu halten bzw. angemessen zu entlohnen vermag?
dass sie es wenigstens die letzten jahre unter den geschützten und hoch
subventionierten rahmenbedingungen des akademischen betriebs so
vorbildlich verstanden haben, sich dieser herausforderung zu stellen,
kann man ihnen ohnehin kaum hoch genug anrechnen. in der praxis dürfte
genau dieses privileg -- und evtl. auch noch die arbeit in wirklich
großen konzernen, die am rande zur image-aufbesserung od. zur
ausgelagerten langzeitpflege gelegentlich auch open source
industrie-abfall fabrizieren --, eine der ganz wenigen realen
möglichkeiten sein, sich überhaupt solcher anliegen in größerem stil
anzunehmen. ein kleines startup-unternehmen, dass dieses spiel unter
marktwirtschaftlichen bedingungen weiterzuspinnen versucht, wird diesen
spagat vermutlich nicht sehr lange schaffen.
das bringt einen dann wieder zurück zur besonderheit dieses projekts
bzw. dessen ganz spezifischer bedeutung im künstlerisch kreativen
umfeld. derartige produktionsmittel sind eben etwas ganz anderes als
programmierhilfsmittel, server-software oder massentauglicher
consumer-kram, wo es um freie lösungen bekanntlich deutlich besser
bestellt ist. bei programmen wie natron geht's dagegen um
verhältnismäßig kleine gruppen von interessierten anwendern und ein
gewaltiges unverhältnis zwischen den hoch geschraubten
qualitätsmaßstäben und preisvorstellungen einiger weniger
professioneller mitspieler und einem rest an mehr oder weniger
bedeutungslosen außenseitern irgendwo an der basis.
weder also werden wir diejenigen sein, die etwas nennenswertes an den
berechtigten finanzierungsnöten des entwicklerteams ändern können, noch
scheint mir ein überzeugender zulauf an anwendern und interessierten
realistisch. wenn wir also dieses projekt unterstützen wollen, dann wohl
am ehesten dadurch, dass wir die entwickler auch weiter in ihrem
ursprünglichen idealsmus bestärken und die besonderheit des damit
verbundenen anspruchs nicht einfach stillschweigend ad acta legen.
ich glaube, dass man im dickköpfigen festhalten am ursprünglich
geäußerten plan, am ehesten dazu beitragen kann, dass die dinge auch
technisch-qualitativ weiter nach dem schier unerreichbaren streben,
statt sich langsam ganz pragmatisch mit geringerem zufrieden zu geben.
>> würdest du einen freien mirror, der auch den angesprochenen etwas weiter
>> gefassten kriterien des freien zugangs rechnung trägt bzw. nachdruck
>> verleiht, unter den gegebenen umständen für gut heißen?
>
> ich finde das gar keine gute idee, das waere doch ein hinterwandern
> des projektes, oder?
wie gesagt, das ist eine ziemliche schwierige frage.
der johannes macht die debian packerl in einem ganz ähnlich gelagerten
fall ja ganz bestimmt auch nicht, nur um den entsprechenden urheber zu
ärgern, sondern verbindet vermutlich auch einen anderen sinn damit.
mir jedenfalls scheint es weiterhin bicht ganz abwegig, sich in solchen
fällen um ein bisserl konstruktiven gegendruck und parteinahme für die
"offene" sache zu bemühen -- aber das muss ja nicht jeder gleich sehen.
danke jedenfalls nocheinmal für deine einschätzung.
martin
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