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<DIV><FONT face=Arial size=2>lieber hans fräulin</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>liebe diskussionsrunde</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>1 als erklärter gegner jeglicher demokratie in
kunst und kultur bin ich gegen die selbstverwaltung der von der öffentlichen
hand zu vergebenden subventionen. ich möchte hier auch den weitverbreiteten
irrtum klarstellen, daß stadtrat buchmann oder landeshauptmann klasnic
gelder zu vergeben haben. als gewählte vertreter des volkes haben sie die
aufgabe übernommen, stellvertretend diesen job nach bestem wissen und gewissen
zu erfüllen. </FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>2 beschämend finde ich, daß es sowohl in
diesem forum als auch in gesprächen mit mitgliedern des
kulturbeirats nie um inhaltliche auseinandersetzungen, sondern
ausschließlich um die verteilung des subventionskuchens zu gehen scheint.
daß der verlust europäischer identität damit einhergeht, daß ernsthafte künstler
in zukunft ihren lebensunterhalt mit einer tätigkeit als taxifahrerIn oder
kellnerIn bestreiten werden müssen, wird offensichtlich als unabwendbares
schicksal betrachtet und hingenommen. </FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>3 daß allerdings peter oswald diesem kulturbeirat
angehört, ist ein starkes stück. sich von jemandem beraten (was der begriff
"beirat" wohl impliziert) zu lassen, der gerade den sterischen herbst
gegen die klippen manövriert hat und dabei ist, das sinkende schiff zu
verlassen, verstehe ich als affront gegenüber denjenigen, die seit jahren unter
entwürdigenden finanziellen bedingungen die fiktion aufrecht erhalten, daß in
graz ein kulturfreundliches klima herrsche. </FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>4 daß mit kulturgeldern chick corea und andere
alt-stars (die in anderen städten die hallen mit zahlendem publikum füllen) zum
gaudium des VIP-publikums engagiert werden und die grazer innenstadt sich sommer
für sommer mehr in ein steirisches oktoberfest verwandelt, paßt in das bild, das
graz sich 2003 erarbeitet hat: eine potemkinsche kulturstadt, die
tagestouristen das gefühl gibt, kunst und kultur sei konsumierbar wie das
samstagabendprogramm des ORF. </FONT></DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>5 die diagonale (die 2004 nur deshalb stattfinden
kann, weil die organisatoren honorarfrei arbeiten) als beispiel anzuführen,
</FONT> <FONT face=Arial size=2>finde ich - gelinde gesagt und mit aller
hochachtung vor engagierter naivität - ungeheuerlich. daß die
bestellten kulturbeiräte honorarfrei ihre eigenen (überwiegend gut
dotierten) pfründe und interessen in diesem gremium verteidigen und vertreten
werden, ist für mich (selbst)verständlich. </FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>6 ob kulturentwicklungskonzepte überhaupt notwendig
sind, stelle ich in frage. dergleichen konzepte verschwenden finanzielle
ressourcen des kulturbudgets an selbsternannte kulturmanager und sogenannte
kuratoren, und läßt die künstler an der ihnen hingestreckten hand
verhungern.</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>7 was ich an der argumentation der sogenannten
"freien szene" vermisse, ist einerseits eine inhaltliche abgrenzung zu
den etablierten institutionen, und andererseits die bereitschaft, den
entscheidenden schritt weiterzugehen und jene grenzbereiche auszuloten, die von
den offiziellen kulturträgern aus trägheitsgründen noch nicht vereinnahmt und
institutionalisiert wurden. </FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>8 beim ruf nach abschaffung des "steirischen
herbst" hätte ich zB. einen aufschrei der empörung erwartet. als
schaufenster dessen, was in einer kleinstadt wie graz möglich ist, bot er
jahrelang ein tableau für viele kreative kräfte dieser stadt und hat
andererseits auch die begegnung mit ausländischen künstlern ermöglicht, für die
graz nicht nur die letzte station auf ihrer festival-tournee
darstellte.</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>zusammenfassend gesagt, würde ich mir mehr klarheit
wünschen über die absichten und individual(anarchistischen) konzepte der
"freien szene", denn kultur in einer stadt verstehe ich als die summe dessen,
was produziert, gestaltet und präsentiert wird. an einen gemeinsamen nenner
glaube ich nicht,- es sei denn, man bezeichnete damit den willen, sich und sein
erfahrenes erlebtes (was unabdingbar ist für schöpferische tätigkeit) der
öffentlichkeit auszusetzen, um damit dem prozess von menschsein und
menschwerdung einen puzzlestein hinzuzufügen, der dieser unendlichen und
unglaublich wunderbar vielfältigen galaxie des lebens ehrfurcht erweist und
dem individuum jene würde und (be)achtung schenkt, die eine
zeitgeistige geistlose zunft von "machern" ihm verweigert.</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>... besser scheitern,</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>ernst m. binder</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT> </DIV></BODY></HTML>