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<DIV><FONT face=Arial size=2>befindet sich im anhang und
wird hiemit zum mitdenken weitergeleitet,</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>lg</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2>pet</FONT></DIV>
<DIV><FONT face=Arial size=2></FONT><BR></DIV>20. August 2003<BR>Sehr geehrter
Herr Stadtrat Dr. Buchmann!<BR><BR>Ich habe Ihre Einladung zum „Open Space“
erhalten. Grundsätzlich bringe ich mich gerne auch für den Entwicklungsprozess
hinsichtlich eines für Graz dringend notwendigen Kulturentwicklungsplans ein.
Angesichts der Zielsetzungen des nun initiierten Prozesses sehe ich mich
allerdings gezwungen, bereits vorab eine Stellungnahme zu verfassen!<BR><BR>Es
stellt sich mir die Frage, was an der Veranschlagung eines dreimonatigen
Arbeitszyklus’ für ein Kulturentwicklungskonzept als ehrgeizig angesehen werden
kann. Nimmt man Erfahrungen aus dem In- und Ausland her [Salzburg, Linz,
Berlin-Pankow, Osnabrück, etc.], so braucht ein derartiger Prozess(!) zumindest
deutlich länger als die hier veranschlagten drei Monate, in denen ja
korrekterweise nur wenige Arbeitstage verpackt sind.<BR><BR>Hat nicht auch die
Grazer Bevölkerung ein Anrecht darauf, dass aus dem Schlagwort Kultur wieder ein
Spiegel einer Gesellschaft wird? Oder müssen wir die kulturelle Entwicklung in
den letzten Jahren, deren Evaluierung – nachdem zeitlich nicht vorgesehen -
offenbar keiner eingehenderen Untersuchung bedarf, als Spiegel eben dieser
Grazer Gesellschaft verstehen? Manch vergleichbare europäische Stadt kann mit
deutlich offenerem und besserem Umgang mit den lokalen Kulturschaffenden und
folglich mehr Engagement aufwarten ohne den Titel Kulturhauptstadt für sich zu
beanspruchen. Es ehrt das Selbstbewusstsein aller, die daran glauben, dass das
Motto „Graz darf alles!“ einen ernsthaften Beitrag zu einer grundsätzlichen
Ausrichtung der Grazer Kulturentwicklung leisten kann. Ich sehe jedoch die
Gefahr eines weiteren kosmetischen Eingriffs, der zwar der Hülle Gutes tut, aber
im Kern nichts ändert.<BR><BR>Diese Stadt braucht einen Humus auf dem Kultur und
Kunst gedeihen können, daraus entwickelt sich eine Vision, die die Probleme
unserer Zeit angemessen reflektiert, was folglich auch einer ambitionierten
Begegnung dienlich ist; dass ein weiteres schnelles Konzept dem in irgendeiner
Art und Weise Rechnung tragen wird, wage ich zu bezweifeln.<BR><BR>Ich bin der
Meinung, dass sich Kultur entwickeln können muss, und dass dafür auch gewisse
Grundbedingungen notwendig sind. So wie die persönliche charakterliche
Entwicklung eines Menschen eines größeren Aufwandes bedarf, als in einer
Mittagspause die Ziele für Jahre festzulegen, so kann eine seriöse
Auseinandersetzung mit dieser Materie sich nicht in einer kosmetischen Korrektur
von Versäumnissen erschöpfen; und diese gibt es neben starkem Engagement von
etlichen engagierten kulturellen Institutionen leider doch zuhauf. Kunst und
Kultur stellen ein kreatives Potential dar, das die grundlegende Ausrichtung
einer Gesellschaft entscheidend mitbestimmt; die unter diesen Begriffen
zusammengefassten Tätigkeitsbereiche erschöpfen sich nicht lediglich in der
Ausrichtung von an der Oberfläche erkennbaren Events und Veranstaltungen, die
nur dazu geeignet sind, mehr oder minder touristische Zielsetzungen zu fördern,
aber auf Dauer die eigene Substanz verarmen lassen. <BR><BR> <BR>Aus meiner
Sicht sind sich folgende Fragen zu stellen: <BR>
<UL>
<LI>Will Graz für jene Kommunikation zwischen Kultur- und Kunstschaffenden
(und der Bevölkerung) sorgen, die als langfristiger offener Dialog gesehen
werden kann oder wird Kultur ein Rad am Wagen einer Gesellschaft bleiben, der
führerlos in eine Zeit driftet, die man gemeinhin als die eigene Zukunft
bezeichnet?
<LI>Will Graz eigenständig neue Visionen entwickeln, wie die Zukunft aussehen
kann und sich dieser Verantwortung stellen?
<LI>Will Graz, die zweitgrößte Stadt Österreichs, folglich die Grundlagen
dafür schaffen, dass künstlerisches Potential hier einen Nährboden findet, der
zum Bleiben oder gar zur Ansiedlung beiträgt?
<LI>Will Graz, vertreten durch die gewählten politischen Verantwortlichen,
sich dazu bekennen diesem Fragenkomplex angemessen zu begegnen?
</LI></UL><BR>Nicht zuletzt werden vermutlich diese oder zumindest ähnliche
Fragen als Anlass gesehen, den eben initiierten Prozess zu legitimieren. Genau
deshalb erscheint es mir bedenklich zu glauben, dass ein notwendigerweise
möglichst breiter demokratischer Diskurs in nur kurzer Zeit ein
Kulturentwicklungskonzept ergeben kann, das auf Jahre hinaus funktionieren soll.
Diese Frage stellt sich mir beim Lesen der Einladung zwangsweise bereits im
Vorfeld!<BR><BR>So wie viele andere in dieser Stadt trage ich gerne zu dieser
Herausforderung bei. Ich bin jedoch der Meinung, dass die nötigen Grundlagen
dafür im Auftrag der Gesellschaft von politischer Seite zu schaffen sind und
dass es also notwendig ist, diesem Prozess jene Zeit einzuräumen, die es
ermöglicht, die eigentlichen Probleme zu thematisieren. Ein paar Tage können
dazu nicht genügen.<BR><BR>Mit den besten Grüssen verbleibe ich<BR><BR><BR>Dr.
Klaus Schrefler<BR><BR><BR>Kopie ergeht an:<BR>Bürgermeister Mag. Siegfried
Nagl<BR>IG Kultur Steiermark<BR>Kommunikationsforen der Grazer
Kulturschaffenden<BR><BR><BR><BR>Klaus Schrefler<BR>THE SYNDICATE<BR>Network for
intercultural visual media art reflection<BR>Gartengasse 21<BR>A-8010 GRAZ<BR>T
+43.[0]316.213 889<BR>M +43.[0]676.636 0 343<BR><A class=moz-txt-link-freetext
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