+comunity+ [Mitglieder Info] Zweite (sehr kurze) Spezialausgabe zu IPv6

Martin Schitter ms at mur.at
Mo Feb 27 14:56:36 CET 2012


Am 2012-02-27 11:36, schrieb Jogi Hofmüller:
> Viele sagen ja, dass die Einführung von IPv6 die Benutzer*innen
> eigentlich nicht zu interessieren hätte.  IPv6 sollte einfach
> implementiert werden, und niemand sollte davon etwas merken.

naja -- manches sehe ich offenbar doch ein klein wenig anders.;)

ich bin zwar auch ganz erklärt dafür, dass wir hier bei mur.at 
IPv6-zugang für alle interessierten bereitstellen, allerdings ohne damit 
den anspruch zu erheben, die betroffenen damit auch unhinterfragt zu 
"beglücken". sollte dadurch also sogar punktuell das gegenteil 
provoziert werden -- d.h. diverse probleme und fragen praktisch greifbar 
werden --, wäre mir das vermutlich  weit sympathischer als manch 
zweifelhafte stille und unaufhaltsame entwicklung im internet, die durch 
solche technische innovation erst möglich wird.

> Tatsache ist, dass heute jedes moderne Betriebssystem (mehr oder
> weniger) problemlos mit IPv6 arbeiten kann.  Jede*r, die/der in den
> letzten Jahren bei uns im Büro auf Besuch war, und ihren/seinen Laptop
> ans Netz gehängt hat, hat das auch (nicht) bemerkt ;)  Sobald IPv6 im
> Netzwerk vorhanden ist, wird es verwendet, ohne dass ich dazu etwas tun
> muss.  Damit das nicht passiert, muss es explizit deaktiviert werden,
> was aber niemand macht, weil's a) kaum Gelegenheiten gibt, wo IPv6
> funktioniert und b) weil es nicht stört.

gerade im dual-stack betrieb -- d.h. bei gleichzeitiger verwendung von 
IPv4 und IPv6 -- gibt es leider meiner erfahrung nach durchaus einige 
probleme, die einem das leben vor dem computer erschweren können. ich 
erinnere in diesem zusammenhang nur an jenen ärgerlichen bug, der auf 
jedem debian-linux-system die letzten beiden jahre über praktisch alle 
java-appikationen bzw. deren kommunikationsmechanismen konsequent außer 
gefecht gesetzt hat, so lange zumindest, bis man eine tief im system 
versteckte konfigurationseinstellung händisch modifiziert hat.:( eine 
völlig undurchschaubare fehlerquelle, die praktisch jedem betroffenen 
mind. einen tag recherchen im internet gekostet hat!

mind. genauso problematisch können unzureichend implementierte 
netzwerk-zugriffsregeln bzw. firewallmechanismen wirken, die zwar 
weiterhin den access via IPv4 korrekt blocken, aber mit IPv6 nichts 
anzufangen wissen...

und da gibt's sicher noch einiges mehr an problemen, die mir jetzt auf 
die schnelle nicht in den sinn kommen.

> Viele sagen weiters, wenn ein ISP (=Internet Service Provider) heute (im
> Jahr 2012) immer noch kein IPv6 anbietet, dann ist er keine ISP mehr, da
> er nur mehr einen Teil der Services im Internet anbietet.  Weil es aber
> ein bisserl was von einem Henne/Ei Problem hat (ISP sagt:  wozu IPv6, es
> gibt eh keine nennenswerten Services, die ich damit erreichen kann.
> Content Provider sagt:  wozu IPv6, es gibt eh keine User*innen, die IPv6
> verwenden.), verzögert sich die Einführung immer weiter und weiter und
> weiter ...

naja -- manchmal habe ich fast den eindruck, dass einem im zusammenhang 
mit solchen entwicklungen auch die begeisterung für fragen der netzwerk- 
und computertechnik ein wenig in die irre führen kann bzw. auch nur eine 
art von scheuklappenwahrnehmung schafft.

statt die faktischen möglichkeiten sgn. "network addresss translation" 
(NAT) durchaus auch als vernünftige ressourcenschonende zurgiffspraxis 
zu verstehen, klingen derartige zugänge im ohr manncher zeitgenossen 
offenbar fast so schlimm wie: "carsharing" oder "wohngemeinschaft" -- 
warnend vorboten totalitärer gesellschaftsformen also, die es um jeden 
preis zu verhindern gilt, will man die zentralen wertmaßstäbe des 
privatbesitzes nicht ins wanken bringen.;)

ich bin mir halt nicht sicher, ob die angsprochen technikaffinen 
kollegen, auch tatsächlich die soziale dimmension entsprechender 
entwicklung vernünftig abzuschätzen wissen? wer diskutiert schon 
darüber, welche folgen es haben wird, wenn plötzlich google und 
microsoft adressräume in die hände gespielt bekommen, die eine direkte 
konkurrierende abbildung des heutigen internets erlaubt? ist es auch 
wirklich so begrüßenswert, wenn zukünftig noch weit klarere 
identifikationen der verwendeten endgeräte jenseits der heute üblichen 
NAT mechanismen bei den providern od. an den haushaltsroutern zur 
selbstverständlichkeit werden? etc.

> Und weil wir hier kein ISP sind, sondern eine Community von Menschen,
> die sich ein bisserl mehr mit dem Netz auseinandersetzen als die meisten
> anderen, haben alle das Recht auf mehr Information ;)

ja -- ich würde mich darüber manchmal auch sehr freuen.

allerdings interessiert mich die rein technische seite nur sehr bedingt. 
die gilt es einfach nur allen interessierten zugänglich zu machen, um 
über entsprechende fragen tatsächlich fundierte erfahrungen zu sammeln 
bzw. praktisch darin experimentieren zu können. die weit wesentlichen 
fragen müssen aber auf einer anderen ebene gesucht werden!

> Was mich dann doch noch ein bisserl wundert ist, warum so wenige von
> denen, die am mur.at-MAN angeschlossen sind fragen, wie es mit IPv6 an
> ihrem Knoten aussieht;  oder was sie tun müssen, um IPv6 zu aktivieren;
> oder ob IPv6 bei ihnen eh schon funktioniert ...

ja -- dem stimme ich leider zu! ...vor allem auch deshalb, weil sich 
spätestens dort entscheidet, ob das ganze wirklich in einer 
unfreiwilligen beglückung ausartet, oder eben wirklich neue freiräume 
erschließt!

martin



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