{\rtf1\mac\ansicpg10000\uc1 \deff0\deflang1031\deflangfe1031{\upr{\fonttbl{\f0\fnil\fcharset256\fprq2{\*\panose 00020206030504050203}Times New Roman{\*\falt Times New Roman};} {\f4\fnil\fcharset256\fprq2{\*\panose 00020005000000000000}Times{\*\falt Times New Roman};}}{\*\ud{\fonttbl{\f0\fnil\fcharset256\fprq2{\*\panose 00020206030504050203}Times New Roman{\*\falt Times New Roman};} {\f4\fnil\fcharset256\fprq2{\*\panose 00020005000000000000}Times{\*\falt Times New Roman};}}}}{\colortbl;\red0\green0\blue0;\red0\green0\blue255;\red0\green255\blue255;\red0\green255\blue0;\red255\green0\blue255;\red255\green0\blue0; \red255\green255\blue0;\red255\green255\blue255;\red0\green0\blue128;\red0\green128\blue128;\red0\green128\blue0;\red128\green0\blue128;\red128\green0\blue0;\red128\green128\blue0;\red128\green128\blue128;\red192\green192\blue192;}{\stylesheet{ \widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \fs20\cf1\lang1024\cgrid \snext0 Normal;}{\s1\keepn\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \f4\cf1\lang1031\cgrid \sbasedon0 \snext0 heading 1;}{ \s2\keepn\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \b\f4\cf1\lang1031\cgrid \sbasedon0 \snext0 heading 2;}{\*\cs10 \additive \strike0\f0\fs20\expnd0\expndtw0\cf1\lang1024 Default Paragraph Font;}{ \s15\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \f4\fs16\cf1\lang1031\cgrid \sbasedon0 \snext15 Body Text;}}{\info{\title Erving Goffman}{\author Michael Zinganel}{\operator Michael Zinganel}{\creatim\yr2004\mo1\dy11\hr23\min14} {\revtim\yr2004\mo1\dy11\hr23\min14}{\version3}{\edmins0}{\nofpages4}{\nofwords2471}{\nofchars14086}{\nofcharsws17298}{\vern8243}}\margl504\margr3824\margt864\margb965 \deftab1440\widowctrl\ftnbj\aenddoc\noxlattoyen\expshrtn\noultrlspc\dntblnsbdb\nospaceforul\formshade\horzdoc\dghspace0\dgvspace0\dghorigin0\dgvorigin0\dghshow0\dgvshow0\jexpand\viewkind1\viewscale150\pgbrdrhead\pgbrdrfoot\nolnhtadjtbl \fet0\sectd \linex0\headery360\footery360\endnhere\sectdefaultcl {\*\pnseclvl1\pnucrm\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxta .}}{\*\pnseclvl2\pnucltr\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxta .}}{\*\pnseclvl3\pndec\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxta .}}{\*\pnseclvl4 \pnlcltr\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxta )}}{\*\pnseclvl5\pndec\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxtb (}{\pntxta )}}{\*\pnseclvl6\pnlcltr\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxtb (}{\pntxta )}}{\*\pnseclvl7\pnlcrm\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxtb (} {\pntxta )}}{\*\pnseclvl8\pnlcltr\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxtb (}{\pntxta )}}{\*\pnseclvl9\pnlcrm\pnstart1\pnindent720\pnhang{\pntxtb (}{\pntxta )}}\pard\plain \s2\keepn\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\outlinelevel1\adjustright\rin0\lin0\itap0 \b\f4\cf1\lang1031\cgrid {\fs20 \u220\'86ber Erving Goffman \par }\pard\plain \widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \fs20\cf1\lang1024\cgrid {\f4\lang1031 \par \par Erving Goffman ist zweifellos einer der originellsten und anregendsten Theoretiker, die die Soziologie in den letzten vier Jahrzehnten hervorgebracht hat. Sein umfang\-reiches Werk verbindet theoretische Intuition mit empirischer Inspiration. Zwar lie\- fert Goffman keine in sich geschlossene Gesellschafts\_ oder Handlungstheorie; nichtsdestotrotz enthalten seine Arbeiten vielschichtige Analysen des menschlichen Verhaltens, der sozialen Beziehungen und der Strukturen gesellschaftlicher Wirk\-lic hkeit. Insbesondere die seit den siebziger Jahren verst\u228\'8arkt entwickelte Soziologie des Alltags hat von Erving Goffman wichtige Impulse erhalten. \par \par Auch wenn Goffmans fr\u252\'9fhe Feldforschungen auf den Shetland\_Inseln indi\-rekt eine Verbindung zur kulturanthropol ogischen Tourismusforschung aufweisen, so hat sich Goffman mit dem Tourismus doch nicht explizit befasst. Gleichwohl legen seine Analysen der Begegnungen und Interaktionen im \u246\'9affentlichen Raum die \u220\'86bertragung auf Sozialr\u228\'8a ume, wie sie f\u252\'9fr den Tourismus typisch sind (Bahnh\u246\'9afe, Flugpl\u228\'8atze, Hotelhallen, Restaurants etc.), nahe. \par \par }\pard\plain \s1\keepn\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\outlinelevel0\adjustright\rin0\lin0\itap0 \f4\cf1\lang1031\cgrid {\fs20 Selbstdarstellung \par }\pard\plain \widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \fs20\cf1\lang1024\cgrid {\f4\lang1031 \par Das bekannteste Buch Goffmans ist wohl \u8222\'e3The Presentation of Self in Everyday Life\ldblquote . Dort beschreibt Goffman mit Hilfe der Theateranalogie, wie Menschen ihr Selbst auf den B\u252\'9fhnen des Alltags darstellen. Dabei ist diese Selbstpr \u228\'8asentation keine einsame Vorstellung, sondern Ergebnis von Interaktionen und Aushandlungsprozes\-sen. Der Selbstdarsteller ist auf die Mitwirkung von Mitspielern in einem Ensemble und auf die Kompl izenschaft des Publikums angewiesen. Von daher ist das Selbst auch keine wesen\_ oder naturhafte Gegebenheit, sondern eine soziale Konstruktion, die immer auch verletzlich ist. Diese Verletzlichkeit tritt besonders deutlich zutage, wenn der Zuschauer der Selbstpr\u228\'8a sentation sich Zugang zu den von Goffman so bezeichneten Hinterb\u252\'9fhnen oder Hinterregionen }{\i\f4\lang1031 (backstage) }{\f4\lang1031 verschafft. Normaler\-weise ist die Vorderb\u252\'9fhne oder Vorderregion }{\i\f4\lang1031 (frontstage) }{ \f4\lang1031 der Ort, auf dem Vorstellungen gegeben werden. Das Selbst \endash wie auch allgemeiner das Bild von einer Realit\u228\'8at \endash wird auf der dem Zuschauer sichtbaren B\u252\'9fhne in Szene gesetzt. Die Hinterb\u252\'9f hnen stellen hingegen Zonen der Vorbereitung und Probe dar oder sind auch Flucht\_ und Erholungszonen f\u252\'9fr das Ensemble. Der unerlaubte Blick hinter die Kulissen vermag den sch\u246\'9anen Schein der Inszenierung zu ersch\u252\'9f ttern. Deshalb ist auch das Ensemble darauf bedacht, die delikate Grenze zwischen Vorder\_ und Hinterb\u252\'9fhne zu kontrol\-lieren, w\u228\'8ahrend das Publikum, zumindest seine neugierigeren Teile, ein notorisches Interesse daran hat, einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen. \par \par Mittels dieser B\u252\'9fhnenmetapher beschreibt Goffman die teils beabsichtig\-ten, teils unbeabsichtigten Strategien, mit Hilfe derer soziale Szenen, Situationen und Institutionen hergestellt werden. Dabei steht in diesen Inszenierungen der Glau\- be an ihre \u8222\'e3Realit\u228\'8at\ldblquote ebenso auf dem Spiel wie die \u220\'86berzeugungskraft und Integrit\u228\'8at des Selbst der Darsteller. Daf\u252\'9fr, dass Goffmans Ansatz sich f\u252\'9fr eine Analyse der Welt des Tourismus anbie tet, findet sich bei Goffman selbst ein Hinweis, wenn er ortsbe\-stimmtes Verhalten beschreibt. Goffman macht auf die Grenze aufmerksam, die in Hotels zwischen der K\u252\'9fche und dem Restaurant verl\u228\'8auft. An dieser Grenze, f\u252\'9f r deren Markierung es verschiedene Vorrichtungen (Pendelt\u252\'9fren, Durchreichen, Para\- vents etc.) gibt, kann man beobachten, wie die Kellnerinnen und Kellner mit den zubereiteten Gerichten in Erscheinung treten und dabei einen Gesichtsausdruck >servieren<, den sie im Moment des \u220\'86bergangs von der Hinter\_ zur Vorderb\u252\'9fhne f \u252\'9fr das Publikum aufsetzen. \par \par Weit davon entfernt, sich lediglich zur Beschreibung der r\u228\'8aumlich\_sozialen Organisation von Restaurants, Hotels und \u228\'8ahnlichen Dienstleistungsbetrieben zu eignen, ist das Verh\u228\'8altnis von Vorder\_ und Hinterb\u252\'9f hne ein Problem, das die Welt des Tourismus geradezu durchzieht. Dass eine Erlebniswelt und die ihr entsprechen\-den Emotionen und Identit\u228\'8aten bis ins Detail inszeniert werden k\u246\'9a nnen und dass ihre Realisierung auf ein eingespieltes Team angewiesen ist, das eifers\u252\'9fchtig \u252\'9fber die Grenzen zwischen Vorder\_ und Hinterb\u252\'9fhne wacht, wird in Disney World und \u228\'8ahnli\-chen Themen\_, Vergn\u252\'9fgungs\_ und Erlebnisparks deutlich. Aber auch f\u252\'9fr ganze Urlaubsl\u228\'8ander gilt, dass gro\u223\'a7e Anstrengungen unternommen werden, um die dem Touristen zug\u228\'8anglichen Vorderregionen auszuschm\u252\'9fcken, w\u228\'8ahrend die Hinterregio\- nen hinter Vorh\u228\'8angen versteckt werden. Die sch\u246\'9ane Urlaubswelt lebt davon, dass das Geschehen auf der Vorderb\u252\'9fhne in strahlendes Licht getaucht wird, w\u228\'8ahrend die Hinterb\u252\'9fhne, auf der schwei\u223\'a7 treibende Arbeit zum Gelingen der Vorstellung beitr\u228\'8agt, dem Touristen verborgen bleiben soll \_ dessen ungeachtet besteht f\u252\'9fr nicht wenige Touristen der Reiz des Reisens wom\u246\'9aglich darin, sich \u252\'9fber die Grenzen zwi\- schen Vorder\_ und Hinterb\u252\'9fhne hinwegzusetzen. Der erfahrene Tourist ist nicht mit dem Waren\_ und Dienstleistungsangebot zufrieden zu stellen, das in den Touristen\-shops und \_lokalen arrangiert ist, sondern \u252\'9f berschreitet auf der Suche nach der \u8222\'e3authentischen\ldblquote , vom Tourismus \u8222\'e3unverdorbenen\ldblquote Welt die Grenzen zwischen Vorder\-und Hinterb\u252\'9fhne. Absichtlich oder unabsichtlich verletzt er dabei auch Scham\_ und Peinlichkeitsschwellen, wenn etwa durch den grenz \u252\'9fberschreitenden Blick des Kameraauges die Hinterb\u252\'9fhnen der Einheimischen erkundet werden, seien dies K\u246\'9arperregionen oder nicht\u246\'9affentliche Zonen der Behausung. \par \par Nach Goffman stellt das Selbst ein gleichsam sakrales Objekt dar, auf des\-sen Schutz die Tr\u228\'8ager dieses Selbst bedacht sind. Um das Selbst herum werden terri\-toriale Schutzzonen aufgebaut, deren Ausdehnung je nach kulturellen und subkultu\- rellen Kontexten variiert. Dies wird gerade bei Kontakten zwischen Touristen und Einheimischen deutlich, wo bez\u252\'9fglich des angemessenen Abstandes zwischen den K\u246\'9arpern Missverst\u228\'8andnisse und Irritationen auf treten. Aber auch Touristen unter\-einander zeigen Territorialverhalten, etwa bei der Sicherung eines vorteilhaften Plat\-zes in einer Warteschlange oder bei der Reservierung eines Liegestuhls am Swim\-mingpool. \par \par }\pard\plain \s1\keepn\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\outlinelevel0\adjustright\rin0\lin0\itap0 \f4\cf1\lang1031\cgrid {\fs20 Rituale \par }\pard\plain \widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \fs20\cf1\lang1024\cgrid {\f4\lang1031 \par Im Alltag wie in der Welt des Tourismus werden die Risiken begrenzt, die im eigen\-m\u228\'8achtigen, unbefugten \u220\'86 berschreiten territorialer Grenzen liegen. Die Akteure bewegen sich in Ritualen, die mehr oder weniger starr und deutlich erkennbar sind. Im Vergleich zu vormodernen Gesellschaften mag heu te der Bereich des Rituellen geschrumpft sein, vor allem wenn man unter Ritual jene ausgepr\u228\'8agten und obligatori\-schen Zeremonien versteht, die auf Sph\u228\'8aren und Objekte \u252\'9fbernat\u252\'9frlicher Art ver\- weisen. Gleichwohl besteht auch das heutige Alltagsleben aus einer Vielzahl von Ritualen, und gleiches gilt f\u252\'9fr die touristische Welt. Die \u246\'9affentliche Ordnung, das Verhalten an \u246\'9affentlichen Pl\u228\'8atzen w\u228\'8a re ohne die Sicherheit, welche die interperso\-nellen Rituale bieten, kaum denkbar. Bei diesen geht es um die Regulierung von sozialer N\u228\'8a he und Distanz, die gegenseitige Anerkennung und Respekterweisung oder, allgemein, um die Regulierung des sozialen Austausches. Scheinbar triviale Interaktionen wie das Begr\u252\'9f\u223\'a7en, Verabschieden oder Bedanken w\u228\'8aren allzu m\u252\'9f hsam, k\u246\'9annten die Akteure nicht auf Rituale zur\u252\'9fckgreifen. \par \par Von welchen Z\u252\'9fgen und Zeichen solche Rituale strukturiert sind, hat Goff\-man minuzi\u246\'9as analysiert. W\u228\'8ahrend die von Goffman beschriebenen Situationen zumeist innerhalb einer Kultur \endash der US\_amerikanischen \endash angesiedelt sind, sind Interaktionen im internationalen Tourismus multikulturell: Die Verweisungssysteme, die Gesten und Zeichen, mit deren Hilfe kommuniziert wird, entstammen unter\-schiedlichen Kulturen. K\u246\'9a nnen Mitglieder einer Kultur davon ausgehen, dass die von ihnen gesetzten Gesten und Zeichen f\u252\'9fr sie dieselbe Bedeutung haben \_ wenn es auch hier gen\u252\'9fgend Missverst\u228\'8andnisse geben mag \_ , so verweisen im internationalen Tourismus die Begegnungen zwischen Touristen und Einheimischen, G\u228\'8asten und Gastgebern auf mehr als eine Kultur und bewegen sich immer am Rande des Missver\-st\u228\'8andnisses. Begr\u252\'9f\u223\'a7 ungsriten, Formen der H\u246\'9aflichkeit und \u228\'8ahnliche Rituale, die im Alltag einer Kultur relativ sicher funktionieren m\u246\'9agen, k\u246\'9annen sich in einem anderen kulturellen Kontext als deplaziert herausstellen. \par \par Wie man von Goffman lernen kann, erleichtern Rituale die \u220\'86berg\u228\'8ange zwi\-schen Situationen, Erfahrungswelten, Kulturen oder auch Lebensphasen. Rituale k\u246\'9annen Stress und Schock, die die Konfrontation mit dem Unbekannten und Frem\- den mit sich bringt, ertr\u228\'8aglich gestalten. Die touristische Erfahrungswelt ist reich an solchen Konfrontationen, was ihren Reiz ausmachen mag, f\u252\'9f r die Betroffenen aber auch mit Problemem verbunden sein kann. Versuchen nun die Akteure sich in sol\-chen \u8222\'e3kritischen\ldblquote Situationen der Rituale zu bedienen, die in ihrer Kultur normaler\- weise funktionieren, kann es sein, dass sie erst recht Schiffbruch erleiden. \par \par Um Irritationen und \u8222\'e3Kulturschocks\ldblquote vorzubeugen, haben die touristischen Organisationen l\u228\'8angst eigene Rituale des \u220\'86bergangs entwickelt. Der Einstieg in die Urlaubswelt wird dem Touristen durch Begr\u252\'9f\u223\'a7ungs \_ und Empfangsrituale erleichtert, die zum Teil hochgradig standardisiert sind, auch und gerade wenn sie den Anschein von Spontaneit\u228\'8at und Ungezwungenheit vermitteln sollen. Auch f\u252\'9f r den Ausstieg aus der Urlaubswelt und den Wiedereinstieg in den Alltag zu Hause halten beispiels\-weise die Flugreiseveranstalter einige rituelle Hilfsmittel bereit. Im Bordkino wird der Heimkehrer allm\u228\'8ahlich wieder an den Ernst des Lebens he rangef\u252\'9fhrt \_ von der aus\-f\u252\'9fhrlichen Berichterstattung \u252\'9fber die Fu\u223\'a7ballbundesliga bis zu einem Res\u252\'9fmee des\-sen, was sich in der Nichturlaubswelt sonst noch ereignet hat. Jenseits dieser Ein\-stiegs\_ und Ausstiegsrituale, die je nach Urlaubsart mehr oder weniger extensiv und intensiv gestaltet werden, ist das soziale Leben weniger reguliert. Dabei variiert das Ausma\u223\'a7 , in welchem Rituale organisiert werden, je nach touristischer Zielgruppe, Urlaubsort und \_form. Wie der heimgekehrte Tourist den Wiedereinstieg in den All\-tag bew\u228\'8altigt, bleibt ihm allerdings weit gehend selbst \u252\'9f berlassen. Dennoch ist kaum zu \u252\'9fbersehen, dass auch der \u220\'86bergang von der Urlaubs\_ in die Alltagswelt mit Hilfe von Ritualen gestaltet wird, zu denen Begr\u252\'9f\u223\'a7ung und Abholung der Heimkehrer am Flugplatz oder Bahnhof durch die Daheim gebliebenen z\u228\'8ahlen, die daf\u252\'9fr durch Ritua\-le wie die Pr\u228\'8asentation von Urlaubsdias und \_videos belohnt oder bestraft werden. Diese Rituale bleiben aber weit gehend von den Organisationsbem \u252\'9fhungen der Tou\-rismusindustrie unber\u252\'9fhrt, die \u8222\'e3Resozialisation\ldblquote der aus dem Urlaub Entlassenen ist Sache der Individuen, wenn auch die Branche ein Interesse daran hat, dass die Heim\-gekehrten urlaubsr\u252\'9fckf\u228 \'8allig werden. \par \par }\pard\plain \s1\keepn\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\outlinelevel0\adjustright\rin0\lin0\itap0 \f4\cf1\lang1031\cgrid {\fs20 Rahmen \par }\pard\plain \widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \fs20\cf1\lang1024\cgrid {\f4\lang1031 \par Kann man den fr\u252\'9fhen Goffman so lesen, als sei der individuelle Akteur \_ wenn auch in Abstimmung mit seinen Mitspielern und dem Publikum \_ ein virtuoser Selbstdar\- steller und als bestehe die soziale Wirklichkeit aus diesen Inszenierungen, so legt das Gesamtwerk Goffmans doch eine andere Interpretation nahe: Das soziale Leben ist in Rahmen eingebettet, die durch die Aktionen der einzelnen Individuen nur wenig ver \u228\'8andert werden. Wie Goffman in seinem wohl bedeutsamsten Werk \u8222\'e3Rahmen\-Analyse\ldblquote darlegt, finden Handlungen und Erfahrungen in Situationen statt. Der Ein\-zelne mag sich Klarheit dar\u252\'9f ber verschaffen, welcher Art die Situation ist, in der er sich gerade befindet, und er vermag diese innerhalb eines vorgegebenen Rahmens zu deuten. Die Definition der Situation seitens des Individuums steht in einer Bezie\-hung zu d en Organisationsprinzipien, welche die Ereignisse und die Erfahrungen beherrschen. Die Erfahrung, die der Einzelne in einer Situation hat, mag ihm h\u246\'9achst subjektiv erscheinen, doch unterliegt sie Konventionen und anderen Regelm\u228\'8a\u223\'a7 igkei\-ten, die relativ unabh\u228\'8angig vom einzelnen Ereignis und der individuellen Erfahrung existieren. \par \par F\u252\'9fr dieses Verh\u228\'8altnis von individueller Erfahrung einerseits und der Rah\-mung oder Strukturierung der Situation andererseits liefert der Tourismus sch\u246\'9ane Beispiele. Der Tourist, der nach einem langen Flug durch mehrere Zeitzonen sich in eine ihm fremde Situation versetzt sieht, stellt sich die von Goffman immer wieder aufgeworfene Kernfrage: }{\i\f4\lang1031 what's going on here? }{\f4\lang1031 In der Wahrnehmung der Situation schwankt der Tourist zwischen dem Gef\u252\'9fhl, in die Situation voll einbezogen zu sein \_ unter Umst\u228\'8anden sogar so weit, dass er f\u252\'9frchten muss, den Boden unter den F\u252\'9f\u223\'a7en zu verlieren \_ , und dem Bem\u252\'9fhen, bekannt anmutende Anhaltspunkte zu finden, die ihm Orientierung bieten k\u246\'9annen. Die Gef\u252\'9fhle des Touristen bewegen sich zwischen dem Eindruck von Einzigartigkeit und Subjektivit\u228\'8a t der momentanen Erfahrung einerseits und andererseits der Regelhaftigkeit, die die Situation unabh\u228\'8angig vom Erleben des einzelnen Touristen hat. Der Safari\_Tourist, der zum ersten mal ein Nas\- horn vor sich auftauchen sieht, befindet sich in einer aufregenden Situation, die f\u252\'9fr den professionellen Safari\_Begleiter allt\u228\'8agliche Routine ist. Die Bekundungen von \u220\'86 berraschung und Begeisterung seitens der Touristen sind so regelm\u228\'8a\u223\'a7ig und bere\-chenbar wie der Ausbruch eines Geysirs. Spontaneit\u228\'8at und Einzigartigkeit des Erle\- bens sind eingebettet in vorgegebene Rahmen. Die Unterscheidungslinie zwischen Einmaligkeit und Regelm\u228\'8a\u223\'a7igkeit verl\u228\'8auft zumeist parallel zu der Grenze, die die Welt des Touristen von der des Touristikers trennt. Dabei liegt das Interessante darin, dass der Profi im Tourismusgewerbe von einem perfekt durchorganisierten Rahmen aus operiert, dessen Sinn und Zweck gerade darin liegt, dem Kunden ein besonderes, nach M \u246\'9aglichkeit einmaliges und unvergleichliches Erlebnis zu verschaffen, was nat\u252\'9frlich um so schwieriger wird, je anspruchsvoller und erfahrener die Kunden sind und je mehr sie \u252\'9fber Vergleichsm\u246\'9aglichkeiten verf\u252\'9f gen. Strukturell sind daher auch die Prinzipien und Probleme der Eindruckserzeugung und Erfahrungsorganisation im Tourismus mit denen der Welt des Entertainment vergleichbar. \par \tab \par Die Betrachtung des Tourismus in einem theoretischen Bezugsrahmen, wie ihn die Soziologie Goffmans bereitstellt, wirft die Frage auf, inwieweit die touristischen Rituale und Sinnwelten von den Aktionen und Interaktionen der Akteure erzeugt werden und inwieweit sie von Strukturen oder Rahmen determiniert sind. Da gerade die Urlaubswelt oft und gern als Gegenwelt zur Alltagswelt vorgeste llt wird, mag ein Tourismus, der weit gehend durch Rahmen bestimmt ist, als eine t\u252\'9fckische Variante von Fremdbestimmung und Entfremdung erscheinen. Handeln und Erleben sind aber immer nur innerhalb von }{\i\f4\lang1031 frameworks}{\f4\lang1031 \u252\'9fberhaupt m\u246\'9aglich. Somit ist eine Gegen\u252\'9fbers tellung von spontaner, nicht entfremdeter, authentischer Handlung einerseits und entfremdeter, inauthentischer Verhaltensregulierung und Erlebnismanipulation andererseits unsinnig. Diese Gegen\u252\'9fberstellung findet sich \u228\'8a hnlich in der Tourismuskritik, wenn zwischen wahren, authentischen Reisen einerseits und verdorbenen, entfremdeten, inauthentischen Erscheinungen des Massentourismus unterschieden wird. \par \par Von Goffman kann man lernen, dass sich die soziale Erfahrung immer schon vorhandener Schablonen und Schemata bedient. Die Freiheit der Aktion und Interaktion besteht dann nicht jenseits dieser Strukturen, sondern darin, dass man ihren gemachten \endash fingierten und fiktionalen \endash Charakter zu erkennen vermag und mit ihm wom\u246\'9aglich spielerisch umzugehen wei\u223\'a7. Diese, wenn auch begrenzte, Souver\u228\'8anit\u228\'8a t des Akteurs findet sich wieder in der Haltung des Touristen, der zwar nicht so naiv ist, die touristische Erfahrung f\u252\'9fr unbefleckt zu halten oder die Pr\u228\'8asentation der touristischen Welt als authentisch anzunehmen, der darin aber auch keinen S\u252\'9fndenfall sieht, der ihm die Gen\u252\'9fsse des Urlaubsparadieses vergellen w\u252\'9frde.\tab \par \par Goffmans soziologische Interaktions\_ und Rahmenanalysen verdeutlichen, dass der Akteur alles andere als ein selbstherrliches Individuum ist, auch wenn es den Selbstt\u228\'8a uschungen einer Ideologie der Individualisierung unterliegen mag. Die soziologische Analyse des Verhaltens und des Selbst begn\u252\'9fgt sich eben nicht mit den Selbst\u228\'8au\u223\'a7erungen und -erkl\u228\'8a rungen der Individuen. So sind denn auch die Reisemotive, die der Tourismusforscher durch Befragung meint ermitteln zu k\u246\'9annen, nur Oberfl\u228\'8achenph\u228\'8anomene. Nicht weniger oberfl\u228\'8achlich w\u228\'8a re eine soziologische Diagnose, die sich angesichts der bunten Vielfalt von Reisew\u252\'9fnschen und \_formen mit der Diagnose von Individualisierungstendenzen zufrieden g\u228\'8abe. \par \par Bei der Beschreibung und Kritik von Bereichen wie Konsum, Unterhaltung, Freizeit und Tourismus schl\u228\'8agt das Pendel von einem Extrem zum anderen. War die einschl\u228\'8agige Literatur der f\u252\'9fnfziger bis siebziger Jahre von den Schlagw\u246 \'9artern \u8222\'e3Massenkultur\ldblquote und \u8222\'e3Vermassung\ldblquote erf\u252\'9fllt, so sieht man in der Kultur der achtziger und neunziger Jahre \u252\'9f berall Individualisierung am Werke. Mit genauerer Kulturdiagnose hat das ebenso wenig zu tun wie mit den Theorien eines Erving Goffman oder auch eines Pierre Bourdieu. \par \par \par }\pard\plain \s15\widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \f4\fs16\cf1\lang1031\cgrid {Quelle. Heinz-G\u252\'9fnter Vester, Tourismus im Lichte soziologischer Theorie, in: Voyage. Jahrbuch f\u252\'9f r Reise- und Tourismusforschung, Bd. 1: Warum Reisen? K\u246\'9aln 1997, 67-85. \par }\pard\plain \widctlpar\aspalpha\aspnum\faauto\adjustright\rin0\lin0\itap0 \fs20\cf1\lang1024\cgrid {\f4\lang1031 \par }}